Interview mit Christian Kunz von SEO Südwest

„Ich bin ein Idealist. Klar verdiene ich mein Geld damit, aber vor allem steckt hinter diesem Projekt noch der Idealismus.“

Online Marketing Experte Christian Kunz

SEO Meister Christian Kunz im Gespräch mit OnlineMarketingExperten.de

SEO haben anfangs in Deutschland nicht viele betrieben. Christian Kunz gehörte zu den ersten, die sich die Kunst selbst beibrachten. 

Als Gründer von SEO Südwest ist er einer der Vorreiter der Branche und hält mit seinem Blog auch Kollegen und Neulinge immer auf dem Laufenden.

Damit ist Christian Kunz als Online Marketing Experte bestens qualifiziert. Lesen Sie in diesem Interview, was den Profi antreibt und wie sein Werdegang aussah.

Vom ersten Computer bis zum eigenen Unternehmen: Lassen Sie sich beeindrucken.

Christian Kunz, Online Marketing Experte im Interview

OME: Beginnen wir einmal mit meiner Lieblingsfrage: Wie alt bist du, wo wurdest du geboren und wann hast du deinen ersten Computer bekommen?

Erste Schritte mit dem ersten Computer

CHRISTIAN KUNZ: Das ist eine schöne Einleitungsfrage. Ich bin 45, gehöre also schon zu den Älteren in dieser Branche. Das merke ich auf Veranstaltungen bisweilen.

Meinen ersten Computer habe ich 1984 bekommen, da war ich elf.

OME: Weißt du, was das für einer war?

CHRISTIAN KUNZ: Ja klar, das vergisst man nicht. Das war ein C64.

Ich habe eine ganz bewegte Historie, was Computer angeht. An diesem Computer habe ich nach ziemlich kurzer Zeit das Interesse verloren, da ich kein Speichermedium hatte.

Dann war alles gleich weg, wenn du den Rechner ausgeschaltet hast. Deshalb habe ich den Rechner bald verkauft.

Kurze Zeit später habe ich mir einen Atari XL geholt, eine von diesen braunen Kisten, in die man Module noch reinstecken konnte.

Mit der habe ich ziemlich viel gemacht und mir schließlich auch eine Datasette geleistet.

OME: Weißt du noch, was eine Datasette damals gekostet hat?

CHRISTIAN KUNZ: Ja. Die war für damalige Verhältnisse sehr teuer – ungefähr 150 Mark.

OME: Wahnsinn.

CHRISTIAN KUNZ: Der Computer hat, glaube ich, 400 Mark gekostet und die Datasette 150. Aber das war noch nichts im Vergleich zu dem, was du für das Kettenlaufwerk gezahlt hast.

Der C64 hat so etwa 600 Mark gekostet und das Kettenlaufwerk nochmal 600. Also genauso viel wie der Computer!

OME: 40 Jahre später lachst du dich darüber kaputt.

CHRISTIAN KUNZ: Aber das sind Sachen, die vergisst man irgendwie nicht. Nach dem Atari XL habe ich dann gemerkt, dass der C64 doch cooler war, also habe ich mir wieder einen gekauft, diesmal mit Datasette. Dann habe ich viel mit Kassetten gemacht und auch mein erstes Spiel gekauft.

Zu dem Zeitpunkt habe ich auch meine ersten Programme abgespeichert. Als Schüler hatte ich nicht so viel Geld, wollte ja aber trotzdem neue Spiele haben.

Bevor das mit der Tauscherei losging, haben wir tatsächlich auch Codes abgetippt aus Computerzeitschriften.

Das waren seitenlange Codes, die du dann wirklich in stundenlanger Arbeit abgetippt hast und hofftest, dass das klappt. 

Ich weiß noch, ich saß mit meinem Cousin eine ganze Nacht lang daran. Morgens um sechs, als wir fertig waren, wollten wir das Ding starten.

Und dann war was falsch und zwar in Zeile 2483, aber gefunden haben wir den Fehler nicht. Das war ein Riesenfrust – unvergesslich!

Mein nächster Computer nach dem C64 war dann ein Atari ST 260.

OME: Also hast du immer gewechselt? Commodore – Atari – Commodore – Atari?

CHRISTIAN KUNZ: Genau. Das war dann damals auch der Schritt von 8 Bit auf 16 Bit. Der hatte diesen 86 tausender Prozessor, der so leistungsfähig war.

Aber er hatte auch einen Makel: Die Soundqualität war viel schlechter als beim C64. Das hat mich dann immer ein bisschen gestört.

OME: Wer wollte, konnte sich dann ja auch eine Soundkarte selber basteln und da einbauen.

CHRISTIAN KUNZ: Ja, das konnte man auch machen. Jedenfalls musste dann ein Amiga her – und mit dem habe ich dann wirklich lange rumgemacht.

OME: Hast du Zeitungen ausgetragen, um dir das Geld zu verdienen oder hast du dein ganzes Taschengeld gespart?

CHRISTIAN KUNZ: Ich habe einfach immer die Rechner verkauft und dann gewartet bis zu meinem Geburtstag.

OME: Und was man heute über eBay Gebrauchtanzeigen macht, hast du damals über Kleinanzeigen getan?

CHRISTIAN KUNZ: In der Wochenzeitung. Hat aber gut funktioniert: Ich bin alle losgeworden – und das zu einem ganz guten Preis.

Dann habe ich in 1993 oder 1994 irgendwann Zivildienst gemacht und ein bisschen mehr Geld gehabt. Da habe ich meinen ersten PC gekauft, mit einem 86er 66 mHrz.

Das war ein richtig teures Teil von Escom, das hat mit Monitor 3000 Mark gekostet. Mit meinem Zivildienstgehalt habe ich das dann abgestottert und hatte ihn ziemlich lange.

Danach ging es immer so nach und nach. Ich habe einen neuen Tower gekauft und den immer mal aufgerüstet. Dann ging der Schritt zu den Notebooks – und seitdem habe ich eigentlich nur Notebooks, die sind einfach praktischer.

Wenn ich zocken will, dann spiele ich halt an der PlayStation. Das ist also meine Computerhistorie.

OME: Und du bist aufgewachsen im Raum Karlsruhe? Dein Hochdeutsch ist sehr gut.

CHRISTIAN KUNZ: Meine Mutter ist aus Norddeutschland, also habe ich auch so halb norddeutsche Wurzeln.

In der Schule habe ich das reinste Hochdeutsch gesprochen, da hat eigentlich niemand Dialekt gesprochen. Ich habe dann 1993 Abi gemacht – gerade hatten wir 25-jähriges Jubiläum.

Mein Zivildienst ging dann bis Ende 1994 und 1995 habe ich dann in Mannheim angefangen, BWL zu studieren.

Da habe ich mir dann auch Zeit gelassen, heute ist das ja nicht mehr so einfach. Im Grundstudium habe ich mir auch ein Urlaubssemester gegönnt und bin ein bisschen gereist.

OME: Wo warst du?

CHRISTIAN KUNZ: Ich war zum Beispiel mit Freunden in der Dominikanischen Republik. Dann haben wir in Spanien einen Kumpel besucht, der dort studiert hat, und sind eine Woche geblieben.

Anfänge auf dem Jobmarkt

Geld habe ich damals interessanterweise mit Telefonmarketing verdient.

OME: Deshalb deine Telefonstimme.

CHRISTIAN KUNZ: (lacht) Ja, aber das war damals vor allem Inbound Marketing. Ich habe also nicht einfach Leute angerufen, sondern mehr Bestellannahme gemacht.

Das war ein cooler Job, weil du niemandem etwas verkaufen musstest. Die wollten etwas haben und du hast denen dann geholfen.

Und wenn du doch keinen Rat wusstest, konnte dir immer das Team helfen. 

Am besten war es, in der Nachtschicht zu arbeiten, denn da hast du die dickste Pauschale für bekommen. Für 10 Stunden 200 Mark war damals für einen Nebenjob nicht schlecht.

Über einen Kumpel bin ich dann zu web.de gekommen, der hatte dort schon seit einem Jahr gearbeitet.

OME: Web.de wurde in Karlsruhe gegründet, oder?

CHRISTIAN KUNZ: Ja, genau. Damals hieß das noch web.de Verzeichnis. In einer Zeit, in der es noch keine Suchmaschinen gab, war das ein redaktionell gepflegtes Verzeichnis von Webseiten, die in verschiedenen Kategorien eingestuft waren.

Unter Dienstleistern waren dann zum Beispiel Automechaniker eingepflegt und so.

Mein Job war es, Einträge zu überprüfen und freizuschalten. Irgendwann bin ich aufgestiegen und durfte Support leisten – erst schriftlich, dann telefonisch.

Den Job habe ich dann bis zum Ende meines Studiums gemacht, bevor ich eine Zeit lang in eine Softwareentwicklungsfirma in Karlsruhe gegangen bin, die Software für Banken und Versicherungen erstellt hat.

OME: Hattest du in BWL Informatik auch als Schwerpunkt?

CHRISTIAN KUNZ: Ja, Wirtschaftsinformatik. Aber ich war nie so wirklich als Entwickler unterwegs. Ich bin wirklich ins kalte Wasser geschmissen worden und hab dann Java entwickelt und Bugs gefixt.

Eigentlich wollte ich aber mehr in Richtung Projektmanagement gehen.

Und dann ergab es sich, dass bei web.de eine Stelle im Projektmanagement frei wurde und eine in Projektkoordination.

Meine Bewerbung ist aufgrund meiner dortigen Bekanntheit auch gleich angenommen worden. Die kannten mich ja.

OME: Wie groß war web.de zu dem Zeitpunkt, weißt du das noch?

CHRISTIAN KUNZ: Ja, das waren vielleicht so 200 Leute. Als ich da angefangen habe, waren wir vielleicht 20 und haben in einer Fünf-Zimmer-Wohnung gearbeitet.

Irgendwann kamen wir dann in ein altes Fabrikgebäude und haben von fünf Etagen gerade mal eine halbe gefüllt. Ich dachte noch, wir füllen die Etagen nie. Aber nach eineinhalb Jahren hatten wir sie alle voll, das ging echt rund.

Und web.de wurde irgendwann aufgekauft und wurde Teil von United Internet.

OME: Weil du schon so lange dabei bist, bist du für eine Firma wie United Internet ja auch extrem wichtig.

CHRISTIAN KUNZ: Ich glaube schon. Ich habe da einige Stationen durchlaufen, vom Freischalter zum Projektmanager. Zwischendurch hatte ich sogar mein eigenes Team – auch wenn das leider später aufgelöst wurde.

Ich habe in meiner Zeit dort Controlling gemacht, ein bisschen Mitarbeiterverwaltung und Budgetverwaltung…

Und dann bin ich ins Produktmanagement gegangen. Dann wollte ich aber wieder zurück und habe im Anschluss Softwareentwicklung betrieben. 

Über die Jahre hatte ich sehr viel Spaß damit, herumzubasteln, insbesondere mit Modems. Auch habe ich in dieser Zeit wieder darauf besonnen, dass ich viele Leute darüber beraten habe, wie sie bei web.de in die Verzeichnisse kommen und oben erscheinen.

Dann war halt die Überlegung, was wir noch daraus machen können… und die Antwort war Suchmaschinenoptimierung.

Die Gründung von SEO Südwest

2010 habe ich mir dann bei schlechtem Wetter im Urlaub eine wissenschaftliche Arbeit durchgelesen und erste Pläne geschmiedet. Kurze Zeit später haben wir die mit der Domain seo-suedwest.de dann umgesetzt.

OME: Damals schon?

CHRISTIAN KUNZ: Ja, damals schon. Die Optik war noch schlecht, aber mir ging es erstmal darum, Inhalte zu schaffen und alles selber zu machen. Es dauerte natürlich lang, bis da irgendwann mal was ging. 

So ein Jahr später habe ich dann mein Gewerbe angemeldet und dann auch meine ersten Kunden gehabt. So ging das Ganze los und hat sich dann immer weiter und weiter entwickelt.

OME: Ich finde es interessant, dass dir der Einstieg in die Selbstständigkeit vom Arbeitgeber ermöglicht wurde.

CHRISTIAN KUNZ: Die Voraussetzung war natürlich, dass meine Arbeit nicht beeinträchtigt wurde und dass ich da in keinen Konflikt gerate.

Aber für mich hat das super gepasst: Das Know-how, das ich als Selbstständiger erlangt habe, konnte ich in meine Arbeit gut einfließen lassen.

Und so bin ich hingekommen, wo ich heute bin. Ich habe einen guten Kundenstamm – also genug zu tun.

OME: Und SEO Südwest ist jetzt auch eine Marke geworden.

CHRISTIAN KUNZ: Es ist eine Marke geworden, genau. Da braucht man aber auch Zeit für und einen langen Atem.

Mein Anspruch war immer, den Leuten etwas zu bieten, das sie sonst auf dem deutschen Markt nicht bekommen. Auch international wollte ich oftmals der erste sein, der über aktuelle Themen berichtet.

OME: Bei Google News bist du ja schon recht häufig aufgenommen worden.

CHRISTIAN KUNZ: Das war ein richtiger Meilenstein, das muss ich sagen. Um bei Google News aufgenommen zu werden, habe ich echt Gas gegeben – denn die haben schon hohe Ansprüche, was die Anzahl der Beiträge angeht und so weiter. Das war richtig klasse, als das geklappt hat.

OME: Wie viel Zeit verwendest du im Moment monatlich auf SEO Südwest?

CHRISTIAN KUNZ: Derzeit pro Tag zwei bis drei Stunden. Aber nur im Schnitt – am Wochenende ist es natürlich mehr.

OME: Das klingt hocheffizient. So manch anderer arbeitet fünf bis sechs Stunden.

CHRISTIAN KUNZ: Das hängt unter anderem mit der Länge meiner Artikel zusammen. Die sind meist nur so um die 200 Wörter lang.

So einen Artikel kann ich innerhalb von zwanzig Minuten schreiben. Das hat auch den Vorteil, dass ich sehr schnell auf neue Entwicklungen reagieren kann. Wenn man sehr früh mit einem Artikel herauskommt, hat das natürlich Vorteile.

OME: Der frühe Vogel fängt den Wurm?

CHRISTIAN KUNZ: Ich stehe manchmal morgens echt früh auf.

Wenn ich den Fehler mache und abends noch in meinen Twitterfeed schaue und etwas sehe, das die Amerikaner im Laufe ihres Arbeitstages entdeckt haben, dann setze ich mich auch abends noch hin und schreibe einen Artikel. Dann kann ich morgens gleich veröffentlichen.

OME: Deine Leidenschaft und Disziplin sind bewundernswert.

CHRISTIAN KUNZ: Sie sind das, was mich da hingebracht hat, wo ich heute bin. Ein großer Teil des Inhalts auf meiner Seite ist von mir selbst verfasst.

Bisweilen habe ich auch Unterstützung für redaktionelle Beiträge, aber am liebsten verlasse ich mich in diesen Dingen auf mich selbst. Dann weiß ich, dass der Schreibstil passt und kann obendrein noch sofort reagieren.

OME: Du hast nächstes Jahr dein zehnjähriges Jubiläum. Was war in der Zeit dein Beitrag mit dem besten Ranking, kannst du dich noch erinnern?

CHRISTIAN KUNZ: Da kann ich leider nur eins sagen: Der bisher erfolgreichste Beitrag, der bis heute auch wirklich den meisten Traffic bringt, der hat mit SEO gar nichts zu tun.

Und zwar habe ich über ein skurriles Internetphänomen berichtet.

Worum es geht, ist, dass man, wenn man die Zahl 241543903 in die Google Bildersuche eingibt, lauter Bilder von Leuten findet, die ihren Kopf in den Kühlschrank stecken.

Wie genau das zustande kam, weiß ich auch nicht mehr.

Jedenfalls ranke ich mit diesem Artikel, den ich im April 2011 geschrieben habe, derzeit auf Platz 1 für den Suchbegriff „Kopf im Kühlschrank“.

Nachgebessert habe ich in dieser Zeit nur etwa zwei Mal. Zwischendurch wurde dieses Phänomen sogar einmal in einer ZDF Quizshow erwähnt, das hat die Suchanfragen natürlich nach oben getrieben.

Das war mit Abstand mein erfolgreichster Beitrag.

Der Experte gibt Einblick in SEO

OME: Interessant. Was rankt denn normalerweise gut?

CHRISTIAN KUNZ: Artikel über neue Google Updates sind immer sehr erfolgreich. Wenn also ein Update vermutet oder angekündigt wird, ist wieder Bewegung auf den Ergebnisseiten.

Der meiste Traffic kommt von Google Discover, interessanterweise.

OME: Wie kannst du dir das erklären?

CHRISTIAN KUNZ: Ich glaube einfach, du kommst da rein, wenn Google denkt, dass du für die Nutzer von Interesse bist.

Man sucht ja nicht bei Google Discover, sondern bekommt einfach eine Auswahl von neuen Themen angezeigt, die für einen interessant sein könnte. 

Anscheinend sind meine Artikel für Leute relevant, die Suchmaschinenoptimierung interessant finden.

OME: Worauf legst du bei der SEO Wert? 

CHRISTIAN KUNZ: Ich lege Wert auf Content. Ich lege aber auch Wert auf Reaktionen – ich finde es immer schön, wenn Leute auf meine Inhalte reagieren, sei es durch einen Retweet, ein Like oder einen Kommentar auf Facebook.

Zusätzlich mache ich es aber einfach, weil es mir Spaß macht.

Ich bin ein Idealist. Klar verdiene ich mein Geld damit, aber vor allem steckt hinter diesem Projekt noch der Idealismus.

OME: Viele, die ich interviewe, sind Idealisten. Aber genau deshalb kommen die Leute doch wahrscheinlich auf dich zu, oder?

CHRISTIAN KUNZ: Also es kamen schon Interviewanfragen. Unter anderem erhielt ich die Bitte, für die Internet World Business einen Beitrag zu schreiben. In der Website Boosting habe ich auch schon veröffentlicht.

OME: In Kooperation mit Professor Mario Fischer?

CHRISTIAN KUNZ: Genau. Sein Buch war auch eine der ersten Lektüren zu diesem Thema, die ich mir gekauft habe. Darin geht es um alles Mögliche, Usability und SEO und so… Anfangs habe ich sehr viel gelesen, insbesondere englische Publikationen.

Und natürlich habe ich auch im Internet recherchiert, aber da muss man an Quellen ja etwas kritischer herangehen.

OME: Ich finde es sehr beeindruckend, dass du deinem Arbeitgeber trotz dieses Projektes all die Jahre treu geblieben bist.

CHRISTIAN KUNZ: Ja klar, ich fühle mich da ja auch wohl – und ich habe keine Tendenzen, da irgendwas zu ändern.

OME: Gibt es Persönlichkeiten, die dich besonders gefördert haben und dir dabei geholfen haben, dahin zu kommen, wo du jetzt bist?

CHRISTIAN KUNZ: Thematisch begrenzt auf SEO muss ich sagen, dass ich da tatsächlich kein Vorbild gehabt habe. Niemand hat mich großartig gefördert, ich war ein ziemlicher Autodidakt.

 Aber es gibt Kollegen, mit denen ich sehr gerne zusammenarbeite, wie zum Beispiel Markus Hövener von Bloofusion. 

Sonst finde ich noch den Johannes Müller von Google cool, der ist auch eine sehr große Informationsquelle. Der sitzt in Zürich.

Ich habe ihn auch ein paar Mal persönlich getroffen – letztes Jahr zum Beispiel erhielt ich eine Einladung und durfte persönlich beim Webmaster Hangout dabei sein.

Da saßen wir vor der Kamera und konnten direkt unsere Fragen stellen. Das war richtig gut, ich konnte auch gleich noch mit ein paar internationalen SEOs Kontakte knüpfen.

Mit Bill Slawski habe ich auch ein bisschen Kontakt. Der arbeitet für SEO by the Sea und schreibt immer über die Patente von Google – er betreibt sehr gute Recherche.

OME: Und hast du diese Kontakte auf Messen geknüpft?

CHRISTIAN KUNZ: Nein, das ist tatsächlich auf Twitter passiert. Irgendwann sind die mir einfach gefolgt. Das fand ich cool, dass mir so bekannte und einflussreiche Leute einfach folgen.

OME: Bekommst du auch Anfragen wie „Hey, kannst du für uns SEO machen?“?

CHRISTIAN KUNZ: Ja klar, natürlich. Das ist halt der Vorteil davon, mit seinem Content sehr präsent zu sein. Dann werden die Leute auf dich aufmerksam. Man könnte es als Mittel zum Zweck bezeichnen.

Irgendwann wirst du halt als Marke wahrgenommen und wenn die Leute ein Problem haben, denken sie: „Wer könnte mir denn jetzt helfen? Neulich habe ich was von der SEO Südwest gelesen, da ruf ich mal an.“

Hin und wieder bekomme ich auch skurrile Anrufe. Neulich hat mich am Telefon gefragt, ob da die YouTube Hotline wäre.

Er wollte ein YouTube Video aus den Suchergebnissen entfernen. Dem habe ich dann empfohlen, sich direkt an Google bzw. YouTube zu wenden. 

Aber ich bekomme auch sehr viele coole Anfragen von Leuten, denen ich helfen kann. Wenn ich die bearbeite, kommt natürlich ein bisschen was bei rum, was toll ist, und ich kann ein bisschen Werbung machen.

Deutschland auf dem digitalen Markt

OME: Gerade wegen deiner internationalen Kontakte: Wie siehst du die Entwicklungen im Online Marketing in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern?

CHRISTIAN KUNZ: Also, ich finde es sehr spannend, zu sehen, dass wir in Deutschland schon ziemlich weit vorne sind, was diese Themen angeht.

Wir haben hier meines Erachtens sehr umtriebige Leute, die auf einem richtig guten Stand sind. 

Das sieht man auch, wenn man hier auf Konferenzen geht, smx, zum Beispiel, oder die seo.com. Wir haben hier so coole Konferenzen – das musst du erstmal suchen in einem anderen Land.

In Europa gibt es so was sonst nur noch in Großbritannien. Im nicht englischsprachigen Raum ist Deutschland also schon richtig weit vorne.

Das hat einen gewissen Vorteil inne, denn deutsche Experten werden auch aus anderen Ländern kontaktiert. Von Österreich und der Schweiz aus geht der Blick SEO-technisch zum Beispiel nach Deutschland, das habe ich beobachtet.

Auch in Frankreich gibt es immer wieder interessante Sachen, die man als Experte machen kann.

OME: Und wie siehst du den Stand der Digitalisierung in Deutschland?

CHRISTIAN KUNZ: Dazu kann ich eine Geschichte erzählen: Ich war gerade mit ein paar Freunden im Urlaub in Dänemark.

Unterwegs im Auto haben wir Podcasts gestreamt – und haben auf unserem Rückweg durch Norddeutschland zwischendurch auf einer Strecke von rund 100 km keinen Empfang gehabt.

Da wussten wir dann auch ganz sicher, dass wir wieder zurück in Deutschland waren.

Auch ein tolles Beispiel ist das Festhalten am Bargeld: Beim Bäcker an der Ecke kann man leider nicht mit Karte bezahlen.

Mit ein bisschen Pech ist dann auch noch nicht mal ein funktionierender Automat in der Nähe… Typisch Deutschland!

OME: Darauf aufbauend würde mich interessieren, was du glaubst, wie dominant die Big Five hier in Zukunft sein werden.

Was, denkst du, kommt in Sachen Amazon, PayPal, Google, Facebook und Apple auf uns zu – und wer kann dagegen halten?

CHRISTIAN KUNZ: Ich war mal für eine Zeit engagiert für eine Inititative von Professor Lewandowski in Hamburg, die als Alternative zu Google einen europäischen Suchindex aufbauen wollte.

Die Herausforderung wäre halt gewesen, tatsächlich einen Suchindex auf die Beine zu stellen, der dann von verschiedenen Unternehmen genutzt werden kann.

Die Idee war einfach, für Google eine Konkurrenz zu kreieren, was ein einziges europäisches Unternehmen oder Land gar nicht hinbekommen hätte. 

Bis jetzt hat das aber noch nicht geklappt. Das zeigt dir, wie schwer es ist, etwas zu erschaffen, was mit den Big Five konkurrieren könnte.

Für die Suchmaschinen wäre das Google. Bei Online Shopping ist es Amazon: Man merkt es richtig, wenn man mal bei einem anderen Shop was bestellt.

Die tun sich einfach schwer, diesen Service zu bieten. Retouren laufen bei anderen Anbietern zum Beispiel leider nicht so reibungslos ab.

Bei PayPal müsste man gucken, es gibt jetzt mit paydirekt Ansätze eines Konkurrenten. Das könnte zumindest eine Alternative sein, weil vielleicht dadurch die Leite ein bisschen mehr auf diese Vertraulichkeitsaspekte achten. Eventuell ziehen sie dann einen deutschen Anbieter vor.

Was soziale Netzwerke angeht, wüsste ich nicht, wo es in Deutschland oder Europa irgendeine Alternative gäbe. Der einzige interessante und erfolgreiche Dienstleister ist Xing, aber das ist wirklich eine Ausnahme.

Ich glaube, die europäischen Staaten müssten näher zusammenrücken, um etwas aufzubauen, das konkurrenzfähig ist.

So ähnlich wie bei Airbus, das ja mit Boeing ziemlich erfolgreich konkurriert. Doch das ist schwierig. Da sehe ich eher die Chinesen als erfolgreich, die da jetzt so ein bisschen mit reinrutschen.

Die Zukunft der Digitalisierung

OME: Siehst du noch andere Einflüsse, die die Technologie auf unsere Gesellschaft hat?

CHRISTIAN KUNZ: Das ist total spannend. Als ich so fünf oder sechs Jahre alt war, gab es bei uns damals den Gameboy

 20 oder 30 Jahre später gab es dann das iPhone. Die Kinder, die heute mit einem iPhone groß werden, die fangen bei uns die Ausbildung an.

Die haben wirklich unfassbar tolle Fähigkeiten und sind auch menschlich klasse – aber andere Sachen fehlen halt. Die machen keinen Führerschein, um ein iPhone bezahlen zu können.

Das hätten früher die wenigsten gemacht.

Also die Gesellschaft wird schon beeinflusst. Ich kann mir auch vorstellen, dass die Geräte immer leistungsstärker werden.

Aber ob nochmal etwas so revolutionäres kommt wie das Smartphone, das weiß ich nicht. Das habe ich ja auch damals nicht erwartet. Genau wie niemand je gedacht hat, dass es einmal etwas wie Facebook geben wird.

OME: Ich kann mir gut vorstellen, dass Suchmaschinen weiterentwickelt werden. Dass zum Beispiel gleich der Gedanke umgesetzt wird und man gar nicht mehr suchen muss.

CHRISTIAN KUNZ: In großes Feld, das uns in der nächsten Zeit stark beschäftigen wird, ist natürlich KI.

Da muss man wirklich schauen, wann dieser Punkt erreicht ist – in ein paar Jahren könnte KI schon leistungsfähiger sein als der menschliche Verstand.

Wobei das natürlich nicht heißen muss, dass alles besser gelingt als beim Menschen. Es kann sein, dass eine KI Emotionen nie lernen werden kann.

Ich finde es sehr spannend, das Thema. Bis jetzt wird so was ja hauptsächlich in Büchern und im Fernsehen behandelt. Aber es könnte ja eines Tages tatsächlich an den Rand der Realität rücken.

OME: Apropos Fernsehen: Es gibt ja auch jetzt Netflix. Das Produkt an sich ist nicht neu, aber an der Form hat sich viel verändert. Da kann ja noch viel passieren…

CHRISTIAN KUNZ: Das ist richtig. Es ist überhaupt eine erwähnenswerte Entwicklung – von der Schallplatte zur Kassette zur CD zu Tauschbörsen wie Napster… Und jetzt wird nur noch gestreamt.

Die spannende Frage ist ja, ob man in 10 Jahren noch streamen wird, oder ob es dann schon was anderes gibt.

Auf Netflix kann man sich in Sachen Virtual Reality auch gute Denkanstöße holen, bei der Serie Black Mirror zum Beispiel.

Da kann man sich viele Impulse holen, was mal sein könnte oder nicht. Ich glaube, das funktioniert auch ziemlich gut. Wenn man sich anschaut, was Science Fiction Autoren vor 50 oder 100 Jahren geschrieben haben… Vieles davon wurde tatsächlich Realität, das ist doch Wahnsinn, oder?

Dieses Genre ist eine Inspirationsquelle.

OME: Das ist doch ein spannender Punkt, auf dem wir hier mit unserem Interview zum Ende kommen. Vielen Dank dafür, dass du uns so viel erzählt hast. Man kann viel von dir lernen.

CHRISTIAN KUNZ: Aber gerne doch!

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