„Ich wusste nie, wo die Reise hingeht. Ich weiß es auch heute nicht. Dafür ist das Thema Online Marketing einfach zu dynamisch.“
– Online Marketing Experte Felix Beilharz
Felix Beilharz – einer der bekanntesten Online Marketing Experten
Kaum ein Experte für Online Marketing in Deutschland ist so erfolgreich wie Felix Beilharz. In seinem Spezialgebiet Social Media Marketing gibt er sein Wissen auf verschiedene Weisen weiter: Als Speaker, Trainer, Dozent und Autor.
Nun teilt er sein Wissen auch mit OnlineMarketingExperten.de. Das vollständige Interview präsentieren wir Ihnen hier nur zu gerne.

Das Interview mit Felix Beilharz
OME: Eine unserer wichtigsten Fragen ist: Wie wird man eigentlich zum Online Marketing Experten? Und der Weg zum Online Marketing Experten fängt ja mit dem ersten Computer an.
Deswegen ist die Einstiegsfrage: Kannst du dich noch an deinen ersten Computer erinnern? Was war das für ein Rechner, wie hast du ihn bekommen und was hast du dann damit als erstes gemacht?
Die Jugend des Online Marketing Experten
FELIX BEILHARZ: Mein erster Computer war ein Geschenk. Es war der alte Computer von einem entfernten Freund. Da war ich ungefähr vierzehn.
Das war ein ganz altes Ding, noch mit einem gelbstichigen Bildschirm und einem Floppy Disc Laufwerk. Ich weiß aber nicht mehr genau, was für ein Modell das war.
Und darauf habe ich dann die ersten Spiele gespielt. Das erste war ein Winter-Olympiade-Spiel. Das wirkt nach heutigen Standards ganz schrecklich, war aber damals super cool
Das war mein allererster Computer und ich war so aufgeregt. Das war der Anfang.
OME: Am Anfang hast du wahrscheinlich viel gezockt, oder?
FELIX BEILHARZ: Ich habe tatsächlich nie gezockt. Nur dieses Winterspiel und ein paar einfache Shooter Spiele.
Dafür habe ich weder die Geduld noch die kognitiven Skills. Ich verliere dabei immer.
Ich hatte auch nie eine richtige Spielekonsole. Nur einen Gameboy. Erst jetzt habe ich mir die Nintendo Classic Mini geholt.
Damit habe ich aber nicht viel gespielt. Ich habe Zelda durchgespielt, danach habe ich die Lust verloren.
Ich bin kein Zocker, glaube ich.
OME: Also waren auch LAN-Partys in der Jugend nicht so dein Ding?
FELIX BEILHARZ: Nein. Meine Freunde haben teilweise gezockt, aber ich konnte mich dafür nie wirklich begeistern. Ich war tatsächlich nie auf LAN-Partys.
Meine Begeisterung für Online kam erst 2001 auf. Ich war schon neunzehn, als wir Internet bekommen haben. Das muss 2000 gewesen sein.
Wir hatten direkt ISDN.
OME: Da hat man sich schon gefreut, dass es nicht mehr piept.
FELIX BEILHARZ: Genau. Später in meiner Uni-Wohnung hatte ich wieder ein Modem. Ich habe auf dem Land in Siegen-Meiswinkel gewohnt. Da gab es kein ISDN.
Da musste ich mich wirklich mit einem Modem einwählen. Ich bin also von ISDN wieder zurück zum Modem gerutscht und musste dann noch zwei Jahre die Modem-Zeit mitmachen.
So kam Felix Beilharz zum Online Marketing
OME: Als du mit 2001 dein Interesse für Online Marketing entdeckt hast, hast du noch studiert, oder?
FELIX BEILHARZ: Da war ich noch Zivi. Meine ersten Webseiten habe ich gebaut, als ich noch Zivi war.
OME: Musstest oder wolltest du Zivi machen?
FELIX BEILHARZ: Ich wollte wegen meiner damaligen Freundin nicht aus meiner Heimatstadt wegziehen und habe deswegen Zivi gemacht.
Nur vier Wochen, nachdem ich angefangen hatte, war die Beziehung vorbei. Dementsprechend hätte ich auch weggehen können.
Aber ich wollte tatsächlich Zivi machen. Ich wollte nicht weit weg oder zum Bund.
Währenddessen habe ich angefangen, die ersten Webseiten zu bauen.
OME: Du hast dann Webseiten programmiert. War das was für dich was Fesselndes, was dich begeistert hat? Oder hast du es gemacht, um damit Geld zu verdienen?
FELIX BEILHARZ: Ich habe es gehasst. Ich hasse es bis heute.
Ich bin keinen Programmiererweg gegangen. Ich kann auch nicht programmieren.
Ich beherrsche die Basics in HTML, aber das war es dann auch.
Eigentlich habe ich nur programmiert, um unternehmerisch tätig zu sein. Das war die einfachste Möglichkeit, um in einem Unternehmen zu arbeiten.
Ich hasse Fehler im HTML-Code, die ich nicht finde. Manche lieben es ja, den Code nach Bugs zu durchsuchen. Ich finde das ganz grausam.
Ich wollte einfach nur unternehmerisch tätig sein und etwas verkaufen.
OME: Du wolltest Unternehmer werden.
FELIX BEILHARZ: Genau.
Online hatte ich die Gelegenheit dazu, ohne erst ein Offline Unternehmen aufbauen zu müssen. Mit Mitte 20 ist das auch schwierig, deshalb war online einfach die bessere Möglichkeit.
OME: Konntest du damit auch Geld verdienen?
FELIX BEILHARZ: Nicht wirklich. Ich bin nicht den typischen Nerd-Weg gegangen. Ich habe nicht schon mit 12 PCs zerlegt.
OME: Und trotzdem wirst du heutzutage als einer der führenden Online Marketing Experten in Deutschland wahrgenommen.
Das heißt, man muss nicht hardcore coden, um Online Marketing Experte zu werden? Vielleicht war es deine unternehmerische Motivation.
FELIX BEILHARZ: Genau. Ich habe ein Basisverständnis, das schadet nicht, aber ich habe nie richtig coden gelernt.
Ich habe auch ganz einfache Webseiten mit HTML gebaut, aber wirklich gut waren die nicht.
OME: Damals gab es noch keine WordPress Themes, die das Webdesign vereinfacht haben.
FELIX BEILHARZ: Das gab es alles noch nicht. Damals gab es noch WAP-Internet.
OME: Es gab damals nur FrontPage von Microsoft. Hast du damit auch Erfahrungen gemacht?
FELIX BEILHARZ: Nein, ich hatte fertige Templates, die ich mit einem Editor angepasst habe. Ich weiß gar nicht mehr, wie dieser Editor hieß.
Mein erster Shop basierte auf einem fertigen System von einem Anbieter, dessen Namen ich leider nicht mehr weiß.
Und Webseiten habe ich am Anfang mit HTML-Templates erstellt, die ich immer weiter auf meine Bedürfnisse angepasst habe.
Zwischen 2008 und 2010 habe ich dann die erste WordPress-Seite erstellt. Davor habe ich eigentlich nie mehr in HTML gearbeitet als durch ein paar Anpassungen.
Wie Online Marketing Experte Felix Beilharz 100 Webseiten parallel betreute
OME: Heute baust du deine Webseite nicht mehr selbst, sondern durch Partner, um dich auf deine Kerngeschäft zu konzentrieren, richtig?
FELIX BEILHARZ: Richtig.
Ich hatte sehr viele Webseiten. Zu Spitzenzeiten waren es ca. 100 Webseiten gleichzeitig, die alle auf WordPress Basis mit gratis Templates liefen.
Auf diesen Webseiten habe ich dann überwiegend mit Affiliate Marketing gearbeitet und einige Produkte verkauft.
Später hatte ich einen Shop, auf dem ich einige Jahre lang Software importiert und exportiert habe. Dazu kamen viele Affiliate Seiten und der Verkauf von eBooks und anderer Software.
Darunter waren beispielsweise auch MP3 Dateien mit Naturgeräuschen. Das waren zum Beispiel ein paar Stunden Bachrauschen.
Für ein paar Hundert Euro habe ich mir ein MP3 Paket aus den USA inklusive Reseller-Rechten gekauft und die dann einige Jahre lang weiterverkauft.
Die Geschichte dahinter ist auch ganz interessant.
Mit Mitte zwanzig habe ich mich viel mit den Themen Entspannung und Selbsthypnose beschäftigt. Dabei bin ich auf eine Software aus den USA gestoßen, die Brainwave Entertainment gemacht hat.
Das sind bineurale Beats, die die Gehirnwellen steuern beziehungsweise das Gehirn entspannen können. Das wurde sogar wissenschaftlich belegt.
Heutzutage ist das Thema auch in Deutschland sehr beliebt, aber damals kannte man es hier kaum.
Der Markt dafür war auch hier schon am Wachsen, aber die Software kam aus den USA, deshalb gab es keine deutschen Anleitungen dazu.
Deshalb habe ich die Anleitungen übersetzt und das Unternehmen gefragt, ob ich die Software dafür kostenlos bekomme. Das Unternehmen hat eingewilligt, also habe ich die Übersetzungen Online gestellt.
Dabei habe ich gemerkt, dass die Nachfrage doch größer war, als ich gedacht hätte. Deshalb habe ich einen Deal mit dem Unternehmen gemacht, um die Lizenzcodes in Deutschland weiterverkaufen zu dürfen.
Ich war der erste Importeur dieser Lizenzen in Deutschland. Insgesamt habe ich über zehn Jahre lang diese Software verkauft – immer in Verbindung mit SEO und einem guten Ranking.
OME: Wie kann man sich das vorstellen, einhundert Webseiten gleichzeitig zu haben? Wenn ich einhundert Schuhpaare habe, kann ich schließlich auch nur eines anziehen.
FELIX BEILHARZ: Wie komplex das ist, bemerkt man, wenn ein Großteil der Seiten auf einmal brachliegt.
Man verpasst einige WordPress Updates oder wird teilweise sogar gehackt. Außerdem waren keine hochwertigen Inhalte auf den Seiten. Das war irgendwann nicht mehr machbar.
Damals war das egal. Um gut zu Ranken, brauchte man nur genügend Content und Links.
Aber als Pinguin und Panda kamen und Qualität wichtiger wurde, konnte man keine einhundert Webseiten mehr auf einmal führen. Da musste man sich auf eine kleinere Auswahl konzentrieren.
Die meisten Webseiten habe ich in den letzten fünf bis sechs Jahren abgestoßen. Wenn sie jemand haben wollte, habe ich sie verkauft. Die anderen habe ich einfach gelöscht.
Ich habe jetzt nur noch eine Handvoll Webseiten übrig.
OME: Man hört es schon: Du hast einen unternehmerischen Gedanken, einen Vermarktungsgedanken.
FELIX BEILHARZ: Genau. Das ist mein voller Fokus.
Vom Juristen zum Online Marketing Experten
OME: Was hast du nach der Schule gemacht? Hast du zuerst eine Ausbildung gemacht?
FELIX BEILHARZ: Ich habe meinen Zivildienst abgeleistet und dann angefangen zu studieren.
Damals wusste ich noch gar nicht, was ich machen wollte. Ich hatte schon einige Webseiten und einen Shop gebaut, aber das war nur ein Hobby für mich.
Was ich beruflich machen wollte, wusste ich nicht. Deshalb war ich in einem Berufsinformationszentrum. Da wurde mir vorgeschlagen, etwas zwischen Jura und BWL zu machen – beispielsweise Wirtschaftsrecht.
Das klang für mich nicht schlecht. Außerdem war ich vorher auf einem Wirtschaftsgymnasium, kannte mich mit wirtschaftlichen Aspekten also bereits aus. Deshalb habe ich angefangen, Wirtschaftsrecht zu studieren.
Mein Ziel war damals, irgendwann in Frankfurt in einem Turm zu sitzen und Verträge aufzusetzen. Ich wollte eine typische Karriere machen: Mit Anzug, Krawatte und teurer Aktentasche.
Das war mein Inbegriff von Erfolg.
Mir ist jedoch schnell klar geworden, dass so eine Karriere überhaupt nicht zu meinem unternehmerischen Antrieb passt.
OME: Wie ist dieser unternehmerische Antrieb denn zustande gekommen? Gab es da einen bestimmten Impuls in deiner Familie?
FELIX BEILHARZ: Eigentlich gar nicht.
Meine Eltern sind beide Angestellte im mittleren Dienst. Meine Mutter war Sekretärin, mein Vater war Sachbearbeiter im Arbeitsamt. Sie hatten beide keinen unternehmerischen Antrieb.
Ich weiß auch nicht, woher dieser Antrieb bei mir kommt. Er war irgendwie schon immer da. Ich habe immer nebenbei gearbeitet.
Insgesamt hatte ich schon 17 Nebenjobs in meinem Leben. Ich habe alles schon gemacht.
OME: Wusstest du, wie viel Arbeit es sein würde, das Unternehmerische auf die höheren Ränge zu bringen?
FELIX BEILHARZ: Da ich keinen Background habe, der mir den Einstieg erleichtert hat, war mir von Anfang an klar: Das muss ich selbst machen. Ich muss mir den Erfolg selbst erarbeiten.
OME: Wo hast du nochmal studiert? In Siegen?
FELIX BEILHARZ: Genau.
Damals konnte man Wirtschaftsrecht nur in Siegen und Nürnberg studieren. Siegen war einfach die bequemere Wahl.
Insgesamt habe ich acht oder neun Jahre in Siegen verbracht – von 2003 bis 2009 oder 2010.
Als ich die erste Marketing Vorlesung besucht hatte, habe ich gemerkt, dass mir das Thema Spaß macht. Es passte auch viel besser zu meiner Affinität für Webseiten.
Das war cool, das wollte ich weitermachen. Mir war dann ziemlich schnell klar: Jura interessiert mich eigentlich überhaupt nicht.
Ich habe dann beschlossen, das Studium noch fertigzumachen, obwohl ich wusste, dass ich nie im Leben juristisch arbeiten würde.
Die endgültige Entscheidung fiel jedoch erst später. Ich war 2006 ein Jahr lang bei SEAT in Spanien und habe dort studiert und gearbeitet.
Die Entscheidung: Online Marketing oder Auswärtiges Amt?
Als ich zurückgekehrt bin, hatte ich zwei Möglichkeiten. Ich hätte ein Praktikum in der juristischen Abteilung beim Auswärtigen Amt in London machen oder einen Praktikumsplatz bei einer Marketingberatung in Köln annehmen können.
Das war der Scheidepunkt in meinem Leben, an dem ich mich entschieden habe, den Marketingweg einzuschlagen und den juristischen Weg zu verlassen.
OME: Total spannend! Wie kamst du zu SEAT?
FELIX BEILHARZ: Ich hatte an der Uni einen Spanischkurs und habe dabei auch Spanien ein wenig kennengelernt.
Während des Studiums ist es sinnvoll, ein Auslandsjahr zu machen, und da erschien mir Spanien sehr naheliegend.
Sprachen liegen mir. Ich lerne Sprachen relativ einfach. Das war auch schon bei Englisch so und auch in Deutsch war ich recht gut.
Ich bin also für ein halbes Jahr nach Spanien gegangen, um dort zu studieren, und habe währenddessen nach einem Praktikum gesucht.
Dort habe ich in der IT gearbeitet. Ich hatte also als Praktikant nicht so viel zu tun, was mir aber ganz gelegen kam, da ich so Zeit hatte, meine Webseiten zu basteln.
Ich habe offiziell vier Monate da gearbeitet. Davon habe ich aber nur drei Wochen effektiv gearbeitet. Den Rest der Zeit habe ich eigentlich nur rumgesessen.
Da dachte ich mir: In der Zeit kann ich auch lesen und mit weiterbilden – und Webseiten bauen.
Ich habe da Webseiten gebaut, die mir später noch viel Geld gebracht haben.
OME: Dann hat sich dein Praktikum also gelohnt?
FELIX BEILHARZ: Absolut. Es hat sich hundertprozentig gelohnt, aber auf eine andere Weise als erwartet.
Ich habe dort unter anderem auch die Webseite gebaut, deren Verkauf mir später den Schritt in die Selbstständigkeit ermöglicht hat.
Ich habe also bei Seat die Grundlage für den Erfolg gelegt, der fünf Jahre später kam.
OME: Durch den Webseitenverkauf hattest du dann das Kapital, um richtig selbstständig zu sein – es ist schließlich schwierig, sich nur mit tausend Euro selbstständig zu machen.
FELIX BEILHARZ: Das sehe ich auch so. Diesen Puffer habe ich mir mit dem Verkauf der Webseite ermöglicht, die ich bei Seat ungefähr sechs Jahre zuvor programmiert habe.
OME: Und danach kamst du zu einer Marketing Agentur in Köln?
FELIX BEILHARZ: Genau. Als ich aus Spanien zurückkam, habe ich noch in Siegen gewohnt.
OME: Bist du Kölner?
FELIX BEILHARZ: Nein, eigentlich komme ich aus Heilbronn.
OME: Und wie kamst du in Siegen auf die Idee, in Köln zu arbeiten?
FELIX BEILHARZ: Das war der logische nächste Schritt. Alle Studenten aus Siegen gehen entweder zurück in ihre Heimat oder nach Köln.
Köln war außerdem nah. Ich habe damals noch in Siegen gewohnt und hatte dort auch eine Freundin.
Und der Weg von Siegen nach Köln ging. Mit dem Zug brauchte man eine Stunde. Deshalb war mein nächster logischer Schritt, ein halbes Jahr lang ein Praktikum in Köln zu machen.
Durch meinen damaligen Chef kam ich dann auf die Idee, das Thema Online Marketing beruflich zu verfolgen.
Es gab damals noch keine Online Marketing Abteilung in der Agentur. Ich habe also damit angefangen, dort den Online Marketing Bereich aufzubauen.
Ich war der erste, der dort im Online Bereich gearbeitet hat. Ich habe die ersten Kundenprojekte übernommen und die ersten Seminare gemacht.
Das war mein erster beruflicher Online Marketing Schritt. Erst dann ist mir klar geworden, dass Online Marketing nicht nur ein cooles Hobby, sondern vielleicht sogar der richtige Berufsweg für mich sein könnte.
Das war ca. 2007.
OME: Du hast also Pioniersarbeit in der Marketing Agentur geleistet. Wie bist du da mit deinen Kunden vorgegangen?
Google Analytics oder Search Console waren ja noch keine Begriffe. Auch die Suchmaschinenoptimierung an sich war noch kaum bekannt.
FELIX BEILHARZ: Genau. Das alles war mein Steckenpferd. Damals gab es wenig richtiges Know-how. Es gab viele Blogbeiträge und Foren, aber Online Marketing Bücher auf Deutsch gab es kaum.
Ich habe mir damals alles angelesen und Dinge ausprobiert, so wie ich es vorher auch schon mit meinen Webseiten gemacht habe.
Es gab keine Studiengänge, es gab keine Weiterbildungen. Man musste aus den eigenen Erfahrungen lernen.
2008 habe ich dann zusammen mit meinem Chef mein erstes Buch geschrieben.
Ich habe ein halbes Jahr fest bei der Agentur gearbeitet, musste allerdings noch den juristischen Part meines Studiums fertig machen. Dabei bin ich dann mit Pauken und Trompeten durchgefallen.
Der Studiengang war zur Hälfte Jura und zur Hälfte BWL. Den BWL Teil hatte ich schon mit 1,3 bestanden.
Jura bestand aus drei Abschlussklausuren: Öffentliches Recht, privates Recht und ein Wahlbereich. Der war bei mir Markenrecht. Da war ich mit einer 1,0 oder 1,3 auch sehr gut drin.
Ich wusste, dass ich bei den anderen beiden Klausuren durchfallen kann und am Ende insgesamt trotzdem bestanden habe. Da war meine Motivation zum Lernen nicht mehr so groß.
Und so war es auch. Ich bin mit 5,0 durch die beiden letzten Klausuren durchgefallen und hatte im juristischen Teil dadurch eine 4,0.
Insgesamt hatte ich in meinem Studium eine 2,3. Das war also ganz in Ordnung. Obwohl ich in Jura komplett versagt habe – 5,0 in beiden Klausuren.
Ich weiß nicht, wie ich das gemacht habe. Ich hatte schließlich gelernt! Aber ich habe acht Seiten geschrieben und nicht einen einzigen Punkt bekommen.
OME: So ist es bei vielen Experten, die wir interviewen durften: Sie waren in manchen Fächern wirklich schlecht. Aber in den Bereichen, in denen sie eine Leidenschaft entwickelt haben, waren sie überdurchschnittlich gut.
FELIX BEILHARZ: Das kann ich bestätigen. Wenn man an etwas Spaß hat und dafür brennt, wird es automatisch besser. Das, was man durchziehen muss, wird höchstens mittelmäßig bis schlecht.
Felix Beilharz‘ erste Schritte als Buchautor
OME: Du warst also schon mit jungen Jahren Buchautor. Wie ist es denn dazu gekommen?
FELIX BEILHARZ: Ich hätte nicht damit gerechnet, dass ich mit 26 schon ein Buch schreibe. Mein Chef hat dabei als Hauptautor fungiert, da er auch als Professor tätig war.
Ich war Co-Autor. Mich kannte schließlich noch niemand.
Zur gleichen Zeit habe ich auch das erste Seminar gehalten. Es war ein offenes Seminar für Unternehmen.
Dort war ich mit Abstand der Jüngste – vielleicht sogar nur halb so alt wie der Durchschnitt. Das war schon ein komisches Gefühl.
Zu einem Thema wie Führung wäre das nicht gegangen. Aber beim Thema Online Marketing war das möglich. Das war schließlich für alle neu.
Ich konnte dort ein paar SEO Tricks zeigen und alle waren begeistert.

OME: Und es blieb nicht bei diesem ersten Seminar oder dem ersten Buch.
Wann war der Moment, an dem du wusstest, dass Online Marketing dein Ding ist? Hast du fünf Jahre zuvor, als du beim Berufsinformationszentrum warst, schon damit gerechnet, dass du in diese Richtung gehen könntest?
FELIX BEILHARZ: Sobald ich mit dem Online Marketing angefangen hatte, war für mich klar: Das werde ich nach und nach groß aufziehen.
Davor war ich ratlos, was ich machen sollte oder könnte. Aber als ich mit dem Online Marketing angefangen hatte, war die Richtung klar.
Damals wusste ich noch nicht, wo das alles hinführen würde. Aber dass es in die Selbstständigkeit geht und dass Online Marketing das Thema bleibt, wusste ich schon.
Und der Rest lief einfach.
Ich hatte das Glück, das richtige Thema zum richtigen Zeitpunkt gefunden zu haben. Ich war früh dabei, um die Online Marketing Thematik voran zu treiben. Das hat es mir leicht gemacht, weiterzukommen.
Heute wäre das vermutlich schwieriger. Das Thema ist mittlerweile schon sehr gesättigt.
OME: Du hast aber auch viel Zeit und Fleiß in das Verfassen von Büchern oder das Halten von Präsentationen investiert, oder?
FELIX BEILHARZ: Genau. Außerdem hatte ich vorher schon sechs Jahre in der Branche gearbeitet, bevor ich das erste Seminar gehalten habe.
Heutzutage machen viele einen zweitätigen Kurs und veranstalten dann ihr erstes Seminar. Ich habe damals sechs Jahre lang das Thema vorangetrieben, bevor ich mich überhaupt getraut habe, anderen etwas darüber zu erzählen.
So wurde Felix Beilharz zum Experten und Speaker
OME: Wie hast du deine Social Skills ausgebaut?
FELIX BEILHARZ: Ich habe eine NLP Trainer Ausbildung, eine IHK Trainer Ausbildung und eine einjährige systemische Coaching Ausbildung.
Seit ich 19 war, hat mich das Thema Selbstentwicklung begeistert. Daher kam auch die Idee mit den Naturgeräuschen aus den USA.
OME: Apropos USA: Du sprichst häufiger über Amerika und kommst gerade auch aus dem Urlaub in L. A. und New York. Bist du ein Amerika Fan?
FELIX BEILHARZ: Ich habe mal überlegt, mir in den USA ein zweites Standbein aufzubauen. Aber das habe ich mittlerweile weiter hinten angeschoben.
Generell sind die USA für mich schon interessant. Ich bin dort auch sehr gerne, besonders in Kalifornien.
In den letzten sechs Jahren war ich jedes Jahr mindestens einmal in den USA, manchmal sogar zweimal.
Ich habe mal ausgerechnet, wie viel Zeit ich insgesamt dort verbracht habe. Alles in allem war ich 23 Wochen meines Lebens in den USA.
OME: Wann hast du gemerkt, dass du im Online Marketing wirklich gut bist und als Experte wahrgenommen wirst?
FELIX BEILHARZ: Wie ich von außen wahrgenommen werde und was ich von mir selbst halte, sind zwei verschiedene Sachen.
Als ich mit 27 meine ersten Vorträge gehalten habe, wurde ich als Experte wahrgenommen, aber ich habe mich selbst überhaupt nicht wie ein Experte gefühlt. Online Marketing war einfach mein Hobby.
Gefühlt habe ich während dieses Vortrags versagt – das war anscheinend nicht wirklich so, aber gefühlt war mein Vortrag furchtbar.
Bis heute habe ich den Gedanken, dass ich noch besser werden kann und dass ich noch mehr Können und Wissen entwickeln kann.
Ich denke nie: Ich bin der Größte.
Ich halte schließlich auch viele Vorträge in der Fach-Community. Das zwingt mich dazu, immer besser zu werden.
Bei meinen offenen Seminaren oder In-House-Schulungen bin ich sehr locker, aber ein Vortrag auf der SEO Con oder der OMX ist noch einmal etwas anderes.
Dort den anderen Experten noch etwas Neues zu erzählen, ist schon eine Herausforderung.
Natürlich kann ich mir bei zehn großen Online Marketing Fachmessen, die ich im Jahr besuche, nicht jedes Mal ein komplett neues Thema ausdenken. Da mache ich viele ähnliche Vorträge.
Aber zumindest jedes Jahr brauche ich ein vollständig neues Thema. Das zwingt einen dazu, sich immer informiert zu halten.
Von daher sage ich nie über mich: „Ich bin Experte.“ Die Medien sagen das vielleicht, aber ich würde mich nicht als Experte bezeichnen.
OME: Was denken heute deine Lehrer über dich, wenn sie den Namen Felix Beilharz noch einmal hören? Oder deine Professoren, die dir die Fünfen in Jura gegeben haben?
FELIX BEILHARZ: Von meinen Lehrern haben einige vermutlich schon immer gedacht, dass ich mich in diese Richtung entwickle. Ich hatte schon immer eine große Klappe.
Schon in der siebten oder achten Klasse stand in meinem Halbjahreszeugnis: „Felix ist frech, verschwätzt und vorlaut.“
Ich war auch der Klassenclown. Dass ich irgendwann auf der Bühne stehe, war also nicht so abwegig.
OME: Du hast mittlerweile eine unfassbare Reichweite. Egal, was du postest: Die Likes sind da.
FELIX BEILHARZ: Es geht immer besser, aber zumindest innerhalb meiner Community stimmt das wohl.
Für mich ist die große Frage, ob ich in meiner Fach-Community Suppe köchle oder ob ich es schaffe, mehr in die Breite zu gehen.
OME: Du hast also deine Online Marketing Projekte nach und nach eingestellt, um dich mehr auf die Tätigkeit als Speaker zu konzentrieren und diesen Zweig vielleicht auch zu monetarisieren?
FELIX BEILHARZ: Ja, das stimmt größtenteils. Ich habe noch ein paar eigene Projekte, die immer noch gut laufen. Die werde ich auch behalten, solange sie noch laufen.
Sie bringen Geld, aber es macht mir auch Spaß, daran zu arbeiten. Aber das meiste habe ich eingestellt. Diese Phase habe ich mittlerweile verlassen.
Das muss ich noch lernen: Ich bin an einem Punkt, an dem ich nicht mehr selbst herausfinden muss, warum die Headline jetzt nicht groß dargestellt wird.
Ich kann mir nicht mehr erlauben, selbst am Code herumzubasteln. Diese Aufgabe muss ich an jemanden übertragen, der das schneller, besser oder billiger macht als ich.
Ich muss den Schritt gehen, mich mehr auf meine Kernkompetenz zu fokussieren. Teilweise gehe ich diesen Weg jetzt schon, aber es fällt mir immer noch schwer.
OME: Ja, du hast wahrscheinlich auch viele eigene Ideen und den Drang, Dinge selbst zu machen.
FELIX BEILHARZ: Klar, auf jeden Fall.
Und ich bin geizig, ich bin Schwabe. Obwohl ich eher sagen würde, dass ich nicht geizig bin, sondern von Haus aus sparsam.
Ich denke manchmal: „Das mache ich jetzt selbscht, das kann man auch selbscht machen.“
Aber meistens funktioniert das nicht. Das Ergebnis ist nur halb so gut und kostet viel mehr, als es extern gekostet hätte. Das muss ich erst noch begreifen.
Ich muss lernen, an welchen Stellen es sinnvoll ist, Geld auszugeben, und an welchen nicht.
Diese Pläne hat der Experte für die Zukunft
OME: Aus dem bisherigen Interview leite ich ab, dass du davon überzeugt bist, dass das Online Marketing in den nächsten Jahren attraktiv bleiben wird. Du strebst also an, weiterhin damit deine Brötchen zu verdienen?
FELIX BEILHARZ: Ich habe das alles nie geplant. Ich hatte keinen strategischen Sieben Jahres Plan – auch heute noch nicht.
OME: Wie in den Büchern von Bodo Schäfer?
FELIX BEILHARZ: Die Bücher von Bodo Schäfer haben mir auch geholfen. Ich habe sie damals in Spanien gelesen.
Vor kurzem habe ich wieder einen Blick hinein geworfen. In einer Übung sollte ich aufschreiben, wie viel Geld ich in sieben Jahren pro Monat verdienen wollte.
Das ist nun über sieben Jahre her und ich habe es tatsächlich geschafft, dieses Geld zu verdienen.
Aber insgesamt hatte ich nie einen Karriereplan für mich. Alles ist entstanden, indem ich meinen Verdienst immer wieder neu investiert habe, um weiterzukommen.
Ich wusste nie, wo die Reise hingeht. Ich weiß es auch heute nicht. Dafür ist das Thema Online Marketing einfach zu dynamisch.
Kurzfristige, einjährige Ziele oder Meilensteine setze ich mir natürlich, aber ich habe keine Ahnung, was in zehn Jahren sein wird.
Wenn mich jemand fragen würde: „Felix, wo siehst du dich in zehn Jahren?“ Dann wäre meine Antwort: „Mal gucken. Es wird geil, aber ich weiß noch nicht, was genau es wird.“
In der Online Marketing Branche ändern sich die Themen häufig. Ich versuche beispielsweise, einen Schritt vom klassischen Online Marketing weg zu gehen.
Als Speaker beschäftige ich mich viel mit der Generation Z.
Im Bereich SEO und Social Media ist das Publikum meist sehr festgelegt. Da ist es schwer, einen Arbeitgeberverband oder eine Unternehmertagung anzusprechen.
Das Thema Generation Z hingegen gibt auch diesem Publikum etwas. Dann bin ich nicht nur der Fach-Nerd, sondern der, der die Welt erklärt.
OME: Du suchst dir also immer neue Themen. Aber prinzipiell hast du vor, Keynote Speaker zu bleiben?
FELIX BEILHARZ: Ja, definitiv. Ich muss überlegen: Wie kann ich meine Expertise erweitern, ohne sie zu verlassen?
Einen Schritt vom Online Marketing entfernt, aber immer noch nah genug ist zum Beispiel das digitale Unternehmertum.
Social Media und SEO sind als Speaker schwierig umzusetzen, da diese Themen schnell zu fachspezifisch werden.
Aber Generation Z, Digital Natives und der digitale Unternehmer sind breiter gefächerte Themen, die sehr gut funktionieren. Damit kann man als Speaker auch Geld verdienen.
Doch auch dafür braucht man Expertise – und die konnte ich mir über das Online Marketing aufbauen.
Alle Schritte bauen aufeinander auf. Wenn ich einen Vortrag halte, wird dadurch meine Expertise geschärft. Das verschafft mir wiederum mehr Nachfragen für das Buch, das ich dazu verkaufe. Und dieses Buch bringt mir neue Anfragen für Vorträge.
Ich achte darauf, dass alles, was ich mache, auch die anderen Bereiche stärkt. Dazu gehören auch unbezahlte Vorträge, die ich halte, um dadurch meine Expertise auszubauen, die mir dann wiederum zu bezahlten Vorträgen verhilft.
OME: Ich finde es sehr beeindruckend, dass du dazu stehst, Geld verdienen zu wollen.
FELIX BEILHARZ: Ich finde es aber auch wichtig, Dinge zu tun, weil ich sie tun will – und nicht des Geldes wegen.
In meinen offenen Seminaren ist beispielsweise immer ein Platz zu Charity Zwecken kostenlos reserviert. Außerdem engagiere ich mich viel für Spendenaktionen.
Aber natürlich führe ich meinen Beruf nicht zufällig aus. Da muss schon Geld bei herumkommen.
Mit diesem Geld kann ich dann wieder Gutes tun. Vor zehn Jahren habe ich mir vorgenommen, in jedem Jahr mehr zu spenden als im Jahr davor. Daran halte ich mich auch jetzt noch.
Daher holt Felix Beilharz neue Impulse für sein Online Marketing
OME: Du gibst viel Wissen weiter. Aber woher holst du deine Impulse, um dich weiterzuentwickeln?
FELIX BEILHARZ: Viele Impulse bekomme ich aus Kollegengesprächen oder aus dem Austausch am Rande von Konferenzen. Ich lasse mich aber auch von den USA inspirieren.
Alles, was ich dabei neu entdecke, muss ich nach dem Trial and Error Prinzip erst einmal selbst ausprobieren.
OME: Du probierst also immer noch alles selbst aus?
FELIX BEILHARZ: Ja. Wenn ich es einmal gemacht habe, kann ich es mit gutem Gewissen abgeben.
Fast alles habe ich mindestens einmal selbst gemacht. Ich habe auch schon ein Produkt bei Digistore angelegt.
Mittlerweile mache ich so etwas nicht mehr selbst, aber ich habe es alles gemacht, um zu wissen, wie es funktioniert. Nur dann kann ich es anderen erklären.
Ich würde niemals etwas erklären, was ich nicht selbst gemacht habe.
Eine weitere Inspirationsquelle ist das Lesen. Ich lese tatsächlich sehr viel.
OME: Wie liest du am liebsten? Visuell oder hörst du dir auch Audiobooks und Podcasts an?
FELIX BEILHARZ: Ich lese visuell.
Manchmal höre ich mir auch Audios an, aber dabei bleibt nicht so viel hängen. Ich muss Dinge wirklich lesen, um sie zu behalten.
Ich lese zum Beispiel die Websiteboosting und andere Fachzeitschriften, aber auch Blogbeiträge, Foreneinträge und Facebook Diskussionen.
OME: Wie viel Zeit deines Tages nutzt du durchschnittlich zum Lesen?
FELIX BEILHARZ: Eine genaue Zahl habe ich dazu nicht im Kopf.
Ich lese immer noch gerne Bücher im Bereich Self Improvement. Damit verbringe ich pro Tag eine halbe Stunde.
Fachliteratur lese ich immer wieder zwischendurch, deshalb kann ich das nicht so genau sagen. Ich schätze das mal auf eine Stunde am Tag, vermutlich sogar noch etwas mehr.
OME: Gibt es noch Literatur im Bereich Self Improvement, die du nach über fünfzehn Jahren noch nicht kennst?
FELIX BEILHARZ: Ja, klar. Ich habe die alten Klassiker immer noch nicht alle gelesen.
Jetzt gerade lese ich „Psycho Cybernetics“. Das ist mittlerweile schon an die 50 Jahre alt. Ich habe es schon seit fünf Jahren im Regal stehen, habe es bisher aber noch nicht gelesen.
Und es kommen ständig neue spannende Bücher nach.
OME: Aber „How to Win Friends and Influence People“ hast du gelesen, oder?
FELIX BEILHARZ: Klar, das war eines der ersten Bücher, die ich zu dem Thema gelesen habe. Diese Bücher habe ich alle schon durch. Teilweise habe ich sie auch als Hörbuch beim Autofahren noch einmal gehört.
OME: Liest du auch auf Englisch?
FELIX BEILHARZ: In der Regel lese ich nur auf Englisch. Ich gucke auch Filme und Serien fast nur auf Englisch.
Ist der Online Marketing Experte auch ein Organisationstalent?
OME: Du hast ja auch schon Fachvorträge in Amerika gehalten, an Universitäten und Hochschulen. Kannst du dir auch vorstellen, international Keynote Speaker zu werden?
FELIX BEILHARZ: Das mache ich. In 2019 habe ich in siebzehn Ländern in Europa Vorträge und Seminare gehalten. In den USA waren es vier.
OME: Wie organisierst du das alles?
FELIX BEILHARZ: Ich habe eine Mitarbeiterin, die diese Vorträge für mich organisiert. Ich kann nicht gut organisieren.
Oder besser gesagt: Ich will nicht organisieren. Nur mal ein Beispiel: Meine offenen Seminare zu planen, ist für mich das Schlimmste. Ich bin so froh, dass ich das abgeben kann.
Ich habe drei offene Seminare. Insgesamt sind es ca. 20 Termine in sechs Städten. Ich muss jetzt für jeden Termin die passenden Daten und Hotels finden, also Angebote einholen und vergleichen.
Ich muss gucken, wo noch etwas frei ist. Ich muss auf Messeterminen in den Städten achten, auf Feiertage, auf Schulferien.
So etwas finde ich schrecklich.
Meine Mitarbeiterin erledigt diese organisatorischen Dinge ganz gerne. Ich finde das furchtbar, deshalb kann ich das auch nicht so gut.
Das Gröbste plane ich, aber die Feinplanung gebe ich ab. Ich habe für mich gelernt, dass ich das nicht machen will und auch nicht kann. Deshalb bin ich froh darüber, jetzt jemanden zu haben, an den ich diese Aufgaben abgeben kann.

Wie die Bürokratie Online Marketing und Digitalisierung in Deutschland zurückhält
OME: Wie siehst du als Online Marketing Experte die Themen Online Marketing und Digitalisierung für Deutschland in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren?
FELIX BEILHARZ: Wir tun uns da insbesondere in Deutschland sehr schwer mir.
Jeder hat ein iPhone, aber mit den Strukturen und den großen Schritten, die nötig wären, kommen wir nicht voran.
Gestern erst habe ich ein steuerliches Formular ausgefüllt, auf dem groß vermerkt war, dass es nur per Fax oder Post versendet werden darf. Es per E-Mail zu versenden, wäre rechtlich nicht zugelassen gewesen.
Diese Denkhaltung haben wir bei vielen Themen. Wir haben immer Angst vor der Digitalisierung.
Datenschutz ist zum Beispiel auch ein Riesenthema. Das ist prinzipiell gut, allerdings steht es uns in vielen Bereichen im Weg.
Die Auflagen, die man durch die DSGVO auch als kleiner Anbieter erfüllen muss, sind teilweise absurd und helfen niemandem.
Das beginnt schon beim Cookie Hinweis. Wem ist dadurch geholfen? Erstens wird er doch sowieso nicht gelesen und zweitens kann ihn kaum einer verstehen.
Für den Cookie Hinweis benötigt man einen Opt Out Link. Welcher durchschnittliche Internetnutzer weiß denn schon, was ein Opt Out Link ist?
Anderen Ländern ist so etwas egal.
Ich war im Februar in China. Da wird alles mit WeChat bezahlt – wirklich alles! Sogar den Straßenmusiker bezahlt man dort mit WeChat. Ich habe mir von einem Straßenhändler eine Blume binden lassen und sogar die mit WeChat bezahlt.
Und hier in Deutschland sind wir schon froh darüber, wenn zumindest die Sparkasse kontaktloses Bezahlen über die App ermöglicht.
Mit diesen großen Neuerungen tun wir uns sehr schwer. Wir machen viele inkrementelle Kleinigkeiten, aber die großen Sprünge fehlen uns.
Ich habe dazu noch ein Beispiel von einem Kollegen, der bei Facebook in den USA arbeitet. Er war auf einer Konferenz, auf der Mark Zuckerberg einige Neuerungen vorgestellt hat.
Anschließend wurden Fragen gestellt und mein Kollege fragte: „What about privacy?“ Die Antwort von Mark Zuckerberg war, vor allen Leuten: „Ah, you are the german guy, right?“
Da stehen wir uns also selbst im Weg.
Eine ähnlich absurde Geschichte hat Karl Kratz vor kurzem gepostet. Er hat einen Tesla und sollte dafür in Berlin Steuern anmelden.
Dazu benötigt er eine Feinstaubplakette. Es gibt aber keine Feinstaubplakette für den Tesla, weil er ein Elektroauto ist.
Karl Kratz wurde dann von Amt zu Amt geschickt. An einer Stelle wurde ihm gesagt, er bekommt keine Feinstaubplakette für sein Elektroauto, die anderen meinten aber, dass sie eine brauchen.
Das ist absurd.
Die deutsche Bürokratie, die ins früher dabei geholfen hat, Qualitätsstandards aufzubauen, die weltweit ihresgleichen suchen, hält uns heute zurück.
Der Rest von Europa ist in dieser Hinsicht allerdings auch nicht besser. Ich habe vor kurzem erfahren, dass man eine Bescheinigung von der Rentenversicherung braucht, um im Ausland zu arbeiten.
Als Selbstständiger muss man sich diese Bescheinigung für jeden Auftrag neu beantragen. Ich muss dieses Jahr noch mindestens zwölf Mal dieses Formular beantragen – und zwar per Post, da das online nicht möglich ist.
Mir kann jedoch keiner sagen, wo ich das beantragen kann. Die Rentenversicherung sagt, sie sei dafür nicht zuständig. Die IHK weiß darüber auch nicht Bescheid.
Das bedeutet, dass ich zwölf Mal ein Formular per Post beantragen muss, von dem niemand weiß, woher ich es bekomme – für jedes Land neu.
Das finde ich absurd! Wir haben ein Europa mit offenen Grenzen, aber ich muss trotzdem für jedes Land eine Bescheinigung beantragen.
OME: Welche Auswirkungen hat das für einen Unternehmer in Deutschland?
FELIX BEILHARZ: Das macht es Unternehmern wahnsinnig schwer! Entweder, man verzichtet auf Dinge, die zwar möglich aber viel zu kompliziert wären, oder man verlässt Deutschland.
Viele Online Marketing Experten verlassen Deutschland und gehen zum Beispiel nach Estland. Oft hat das steuerliche Gründe, aber häufig liegt es auch an der Bürokratie, zur Vereinfachung und für schnellere Wege.
Das ist ein Problem für Deutschland. Aber andere Länder sind hinsichtlich E-Governance schon weiter. Hier muss ich erst wieder zum Amt gehen, um meinen Perso zu beantragen.
OME: Wie können wir diese Probleme lösen? Welche Chancen siehst du für Händler, zum Beispiel durch die großen Marktplätze wie Amazon und vielleicht sogar Facebook?
Beziehungsweise, würdest du Facebook überhaupt als großen Marktplatz bezeichnen?
FELIX BEILHARZ: Ja, schon. Facebook Marketplace ist gegenüber ebay Kleinanzeigen weltweit definitiv ein Konkurrent. Das würde ich schon sagen.
OME: Was wird in dieser Hinsicht noch passieren? Könntest du dir vorstellen, dass diese großen Marktplätze die kleinen Händler in Deutschland auf lange Sicht kaputtmachen?
FELIX BEILHARZ: Ja. Das kann jederzeit passieren.
Das sieht man beispielsweise bei Amazon oder Facebook-Dating. Ein neues Produkt wird auf den Markt gebracht – und bäm! Dann ist die ganze Branche nicht mehr nötig.
Google Jobs ist dafür ein gutes Beispiel. Mit einem Klick sind ganze Branchen ausgelöscht.
Man kann nicht wissen, was noch kommen wird. Branchenriesen wie Amazon finden immer wieder Verdienstmöglichkeiten abseits ihres Kerngeschäfts.
Amazon hat beispielsweise als Buchhändler angefangen. Danach waren sie Online Versandhandel und nun ist Amazon einer der größten Anbieter von Cloud Services weltweit.
Jetzt haben sie mit Whole Foods die größte Biomarktkette der Welt gekauft. Dann gibt es auch noch eigene Stores und vieles mehr.
Amazon kann durch die Macht, die sie jetzt schon haben, völlig neue Bereiche erschließen, die keiner kommen sieht. Dass Amazon Whole Foods kauft, hat vermutlich niemand kommen sehen.
Und trotzdem passt es ins Gesamtkonzept.
Nenne mir mal drei deutsche, starke, innovative Unternehmen! Da fallen mir spontan wenige ein.
OME: Zalando, Otto …
FELIX BEILHARZ: Ja, genau.
Und die sind auch nicht innovativ. Die machen genau das, was andere auch machen. In welcher Hinsicht ist Zalando innovativ?
Was sie machen, machen sie okay. Aber damit können sie keinem großen Konkurrenten Angst machen.
Man muss sich nur mal die Social Networks ansehen. Sie kommen alle aus den USA oder China und gehören alle zu Facebook.
Jeder Konkurrent, der irgendwie hätte gefährlich werden können, wurde sofort aufgekauft. Doch auch von denen kommt kein einziger aus Deutschland.
WhatsApp, Snapchat, Instagram und Co. kommen alle nicht aus Europa.
OME: Was ist zum Beispiel mit DeepL.
FELIX BEILHARZ: Das ist eines der wenigen Ausnahmebeispiele. DeepL hat vielleicht das Potenzial, irgendwann das Interesse von Google zu wecken.
Es gibt immer wieder geile Technologien in Nischenmärkten, aber davon ist keiner so groß geworden, dass er weltweit eine Rolle spielt.
Das gibt es in Deutschland praktisch nicht. – Und das ist echt schade.
Ein Beispiel hätte ich noch: Ecosia. Eine deutsche Suchmaschine, die auf Bing basiert. Super Idee. Die Pflanzen für jede Suche einen Baum.
Sie wachsen pro Jahr um tausend Prozent. Das klingt wahnsinnig viel, aber es sind leider nur 0,0irgendwas Prozent vom gesamten Suchmarkt. Das ist nichts.
Ecosia konnte bisher 70.000.000 Suchanfragen insgesamt für sich verzeichnen. Das ist toll, aber diese Suchanfragenzahl erreicht Google mit einem Fingerschnippen.
ZACK! Und dann sind es wieder 70.000.000.
OME: Glaubst du, dass Amazon irgendwann in den Immobilienbereich einsteigen wird? Mit Amazon Protect sind sie ja mittlerweile schon in der Versicherungsbranche.
FELIX BEILHARZ: Das ist gut möglich. Sie sind jetzt zumindest schon in der Apothekenbranche.
Eigentlich hat Amazon das Potenzial, jede Branche aufzurütteln. Sie haben die Macht und das Geld und es ist ihnen bei ihrer Finanzkraft auch egal, wenn etwas nicht funktioniert.
Wenn die Amazon Apotheke nicht läuft, wird ihnen das nicht groß wehtun. Es wäre schade, aber es würde sie sicher nicht zu Fall bringen.
Wenn DeepL nicht funktioniert, dann war es das für die Entwickler. Sie haben nur dieses eine Produkt. Aber dass einer der Großen aus den USA stirbt, ist unwahrscheinlich.
Und nun kommen mit AliExpress und Co. auch noch große Unternehmen aus China dazu. Wir werden von beiden Seiten unter Druck gesetzt und hier kommt gar nichts zustande – nichts Großes zumindest.
Das wünscht der Experte sich für die Zukunft des Online Marketings in Deutschland
OME: Was würdest du dir von der Politik wünschen, um die Bildung von Nachwuchsleuten voranzubringen?
Du kommst weltweit herum. Du warst in China und Amerika. Was findest du da gut, was sollten wir davon lernen?
FELIX BEILHARZ: Was wir auf jeden Fall machen MÜSSEN, ist, viel mehr Geld in digitale Bildung zu investieren.
Das ist unfassbar wichtig.
Dazu gehört beispielsweise ein verpflichtender Programmierungskurs so früh wie möglich. Ich kann nicht programmieren, aber ich bin auch aus einer anderen Generation.
Wenn ich heute 11 wäre, dann würde ich in Zukunft unbedingt programmieren können müssen. Man kann Kindern schon in der Grundschule die Grundlagen des Programmierens spielerisch beibringen.
Warum wird das nicht gemacht? Das muss zwingend passieren.
Stattdessen lernen wir die kompliziertesten mathematischen Formeln, die wir nie wieder in unserem Leben brauchen werden.
Oder Geschichtsunterricht, zum Beispiel. Wir haben 13 Jahre lang Geschichte – und das ist auch wichtig. Aber diesen Stoff könnten wir auch auf 6 Jahre komprimieren und in der restlichen Zeit etwas Zukunftsorientiertes lernen.
Wir lernen viel darüber, was mal war, und das muss man natürlich auch wissen, um die Zukunft gestalten zu können. Aber wir lernen nichts darüber, was JETZT auf uns zukommt.
Ich habe nie gelernt, aus der Geschichte auch etwas für die Zukunft zu abstrahieren. Wir haben die Geschichte in Einzelteile zerlegt, aber wir haben uns niemals mit visionären Dingen oder Lösungsorientiertheit beschäftigt.
Mit unternehmerischem Denken haben wir uns in der Schule nie beschäftigt – und ich war auf einem Wirtschaftsgymnasium!
Natürlich habe ich Bilanzen und steuerliche Sachen gelernt, aber visionäres Denken, was wir heute unbedingt brauchen, ist bisher nicht in den Lehrplänen.
Es wird schon besser. Die Schulen beschäftigen sich mit Projekten und integrierten Klassen. Das Lernen ist nicht mehr so schulisch wie früher, aber da ist noch viel Luft nach oben.
Dafür müssen wir vielleicht auch alte Konzepte über Bord werfen. Deutschland ist zum Beispiel sehr dagegen, Schulklassen oder Unterricht von Firmen sponsoren zu lassen.
In den USA hingegen stattet Google ganze Klassen mit Laptops aus. Der Unterricht dort ist dann „Sponsored by Google“.
Ich finde das auch erst einmal komisch, aber vielleicht geht es heute einfach nicht mehr anders. Vielleicht sollten wir zulassen, dass Unternehmen zumindest in gewisser Weise Unterricht sponsern dürfen.
Sie haben dann eine Marketingwirkung davon – auch auf Kinder, das stimmt. Dafür bekommen wir wieder ganz neue Chancen.
Vielleicht müssen wir hier einfach ein Umdenken zulassen und uns eines klarmachen: Nichts von dem, was wir heute machen, ist gottgegeben.
Das hat sich alles entwickelt. Das hat alles Geschichte. Und es muss nicht zwingend alles so bleiben.
Wir können durchaus auch Gewohntes aufgeben. Es sind keine Naturgesetze.
Fast alles, was wir machen, ist gewohntes Denken – Und da kommen wir nicht raus. Wir kriegen es nicht hin, den nächsten Schritt zu gehen, aber irgendwie müssen wir das hinkriegen.
Das ist bei vielen Sachen so. Plötzlich macht jemand etwas und alle fragen sich, warum wir das nicht schon immer so gemacht haben. Aber bis dahin fanden alle den vorherigen Zustand ganz normal.
OME: Was findest du denn an Amerika und China NICHT gut? Was sollten wir uns nicht abschauen?
FELIX BEILHARZ: In China ist das Problem eindeutig der Staat. Das ist der Haken von WeChat: Der Staat hat auf alles Zugriff, was in der App passiert.
Und gleichzeitig ist WeChat die App für alles. Man kann damit Nachrichten versenden, Rechnungen bezahlen, Pizza bestellen, Arzttermine machen – WeChat ist 800.000 Apps in einer.
Und auf alles kann der Staat zugreifen. Das geht gar nicht!
Deshalb würde ich den Staat reglementieren lassen – nicht Unternehmen. Wenn ein Unternehmen meine Daten hat, ist mir das egal. Mehr als mir Werbung anzuzeigen, macht es damit nicht.
Aber wenn der Staat alles über mich weiß, finde ich das nicht so gut. Das ist der Punkt, an dem ich eine Grenze setzen würde.
In den USA ist das Problem ähnlich. Beispielsweise baut die CIA Backdoors in Routern ein und man versucht, Google zur Herausgabe von Daten zu zwingen.
Außerdem gibt es in den USA ein Problem, das sich nun auch hier entwickelt. Die Konzerne entziehen sich jeglicher Verantwortung.
Google, Amazon, Facebook und Co. zahlen kaum Steuern, da sie sich irgendwelcher Konstrukte und Schlupflöcher bedienen.
Das führt zu einem stark ausufernden, extremen Kapitalismus – Und das geht meiner Meinung nach auch nicht.
Diese Problematik wird sich nur durch ein Grundeinkommen für alle lösen lassen. Ich glaube mittlerweile fest daran, dass das nur noch so funktionieren kann.
In der Zukunft werden wir Roboter haben, die uns die Arbeit abnehmen. Wenn unsere Arbeit kein Geld mehr wert ist, müssen wir anderweitig auskommen, zum Beispiel mit einer Digitalsteuer.
Aber das alles wäre Stoff für ein weiteres Interview.
OME: Das ist ein schönes Schlusswort, finde ich. Dankeschön.
FELIX BEILHARZ: Gerne.