Oliver Flaskämper im Interview mit OnlineMarketingExperten.de

“Ich bin leidenschaftlich gerne Unternehmer. Es macht mir extrem viel Spaß, Ideen zu haben, Firmen zu gründen, Teams aufzubauen und das alles umsetzen zu können.”

– Oliver Flaskämper

OnlineMarketingExperten.de zu Gast bei Oliver Flaskämper

Oliver Flaskämper ist Gründer der Priority AG, zu der mehrere wichtige Portale der Onlinewelt gehören. Darunter befindet sich bei Online Marketing Verantwortlichen beliebte Portale wie content.de oder DomainBoosting. Wir konnten es uns deshalb nicht entgehen lassen, Oliver Flaskämper einige Fragen über seinen Werdegang zum Online Experten zu stellen.

Nun lassen wir auch Sie an den spannenden Erkenntnissen teilhaben, die der Experte im Interview mit OnlineMarketingExperten.de geteilt hat.

Das Interview mit dem Experten Oliver Flaskämper

OME: Auf unserem Portal OnlineMarketingExperten.de wollen wir nicht nur Geschäftsführer großer Online Marketing Agenturen, sondern primär digitale Leute kennenlernen. Dabei sind wir auch auf dich und die Priority AG aufmerksam geworden. 

Deswegen beginnen wir mit einer ganz wichtigen Frage: Bitte beschreibe deinen Werdegang. Wie bist du dahin gekommen, wo du heute bist? Was hat dich angetrieben?

Bist du vielleicht auch mal sitzengeblieben in der Schule, wann hattest du deinen ersten Computer? Solche Sachen.

Früh übt sich: Die unternehmerischen Anfänge des Experten

OLIVER FLASKÄMPER: Im Herzen bin ich schon immer Unternehmer gewesen. Das wusste ich zwar nicht, als ich angefangen habe, aber irgendwie habe ich das immer gespürt. 

Ich habe immer verrückte Ideen gehabt und manche davon musste ich auch umsetzen – zum Leidwesen von dem einen oder anderen, den ich dann damit beglückt habe.

Und ich sag mal so: Mein erstes Start-up hatte ich im Alter von acht. Da war ich in der Pyrotechnik Branche.

OME: Acht Jahre?

OLIVER FLASKÄMPER: Mit acht Jahren. Ich habe mit Raketen und Böllern gehandelt.

Am 30./31.12. habe ich sie einkaufen lassen, denn selbst durfte ich das ja noch nicht. Ich hatte da einen Dealer.

Dabei habe ich antizyklischen Vertrieb und Handel kennengelernt. Das heißt, ich habe am 30./31.12. Feuerwerkskörper einkaufen zu lassen und im Frühjahr oder Sommer angefangen, sie auf dem Schulhof zu verkaufen.

Das Geschäft lief bombig – im doppelten Sinne.

Allerdings nur solange, bis ein paar meiner Kunden auf die Idee kamen, dass es ganz witzig wäre, auf den Jungs Klos die Toilettendeckel wegzusprengen.

Dann ist mein kleines Start-up leider aufgeflogen, weil sie mich verpfiffen haben, und ich habe mich erst einmal wieder um die Schule gekümmert.

Ich hatte ganz schön Ärger bekommen. Mein Klassenlehrer und mein Rektor haben damals mein unternehmerisches Talent nicht wirklich gesehen und auch nicht wertgeschätzt.

Das galt da irgendwie nichts zu dem Zeitpunkt – so wie Unternehmertum generell in der Schule keine Rolle spielt.

Das ist leider ja ein Themenfeld, das weder gelehrt noch wertgeschätzt noch in irgendeiner Form nahegebracht wird.

Nach dem Motto: Der Unternehmer macht sich selbstständig. Das passiert ja nicht. 

OME: Generell wird der Umgang mit Geld in der Schule nicht behandelt. 

OLIVER FLASKÄMPER: Das ist auch schwierig für jemanden, der sein Geld immer vom Staat gekriegt hat oder eben nie eigenes Geld verdient hat, sondern eine Beamtenlaufbahn eingeschlagen hat.

Was ja durchaus ein wichtiger Job ist. Gerade Lehrer haben eine riesige Verantwortung.

Aber sie waren in der Regel nie selbstständig und haben auch gar nicht das Gefühl dafür, wie es ist, dafür verantwortlich zu sein, dass am Ende des Monats das Gehalt auf das Konto kommt.

Wie soll ich von so jemandem verlangen, dass er Menschen beibringt, wie toll es ist, sich selbstständig zu machen?

Das geht nicht.

Das ist so, als sollten Bürokraten Bürokratie abbauen – das funktioniert ja auch nicht.

Deswegen glaube ich, dass es einfach in der Natur der Sache liegt, dass das Vermitteln von Wirtschaftlichem, von Sachkompetenz und dem Gefühl, wie es ist, nicht sozial abgesichert zu sein, sondern auf eigenen Beinen zu stehen, eigentlich nur von außen kommen kann. 

Na ja, dann habe ich auf jeden Fall lange Zeit viele Kleinigkeiten gemacht. Eine Schülerzeitung, die aus Mitleid immer jemand gekauft hat, zum Beispiel.

Das war noch nicht mal eine richtige Schülerzeitung. Das waren anderen Zeitungen ausgeschnittene und eingeklebte Artikel. Es war also quasi ein Best-of von mehreren anderen Zeitungen

Das wurde dann fotokopiert und für vier Cent verkauft.

OME: Hast du Werbeplätze verkauft?

OLIVER FLASKÄMPER: Nicht wirklich. Das war wirklich sehr stümperhaft.

Aus Mitleid hat auch mal jemand was gekauft, aber der Deckungsbeitrag war jetzt nicht sonderlich positiv. 

Dann habe ich immer wieder An- und Verkauf auf Flohmärkten gemacht und bin so durch die Gegend getingelt. Da war ich so zwischen acht, neun, zehn bis dreizehn, vierzehn vielleicht. 

OME: Wahnsinn. Da habe ich „Räuber und Gendarm“ gespielt. 

OLIVER FLASKÄMPER: Dann sind irgendwann auch andere Themen interessant geworden. Wenn die Pubertät kommt, dann interessiert man sich eher für Mädels und andere Dinge.

Und Computer natürlich. Das war immer ein Thema.

Ich hatte einen C64 und Atari. Aber damals habe ich mehr gespielt als programmiert. Programmieren habe ich aber auch mal ausprobiert. 

OME: Was waren denn deine ersten PC Spiele? Kennst du auch „Die Siedler“ und so?

OLIVER FLASKÄMPER: Ja, klar! Vor „Die Siedler“ kam aber noch „Kaiser“. Dann kam die Wirtschaftssimulation „Hotel“ und irgendwann auch „Anno“. Aber das habe ich gar nicht mehr so intensiv gespielt.

Meine erste Lieblingsspiele waren also wirklich „Kaiser“ und „Die Siedler“. Damals noch auf sieben dreieinhalb Zoll Disketten.

Und das nur, um die erste Version zu installieren. Das war schon eine tolle Zeit. 

OME: So wie ich dich einschätze, hast du auch die Codes gehabt, um dir Gold zuzuschieben, oder? 

OLIVER FLASKÄMPER: Das weiß ich gar nicht mehr. Ich glaube, so weit war ich da gar nicht.

Ich bin in Schloß Holte-Stukenbrock aufgewachsen. Das ist von hier nochmal 20 Kilometer entfernt. Ein richtiges Dorf.

Da war ich nicht wirklich in einer Szene. Obwohl ich mit zwölf einmal auf eine Copy-Party nach Bielefeld gefahren bin.

Das war im Bunker Ulmenwall in Bielefeld. Das ist ein alter Weltkriegsbunker, wo jetzt noch ab und zu kleine Konzerte stattfinden.

Man musste erst in ein Geschäft, das war drei- bis vierhundert Meter entfernt. Da musste man sich ganz konspirativ anmelden und ein Codewort sagen.

Dann hat man einen weißen Zettel gekriegt, den man dem Pförtner beim Bunker vorzeigen sollte. Der hatte ein Schwarzlicht, mit dem er auf dem Zettel sehen konnte, dass man eintreten darf. 

Auf der Veranstaltung wurde dann kopiert wie blöde, natürlich. Spiele wurden kopiert und alles andere irgendwie auch.

Und das war dann so meine Computerzeit. Ich habe also weniger programmiert und mehr gezockt.

Mit Amiga CLI, einer Script Sprache habe ich ein paar Screenschoner programmiert, aber nichts wirklich Wesentliches. 

Die ungewöhnliche Ausbildung des Experten

Nach der Schule musste ich mir überlegen: Was mache ich so?

Ich habe dann erstmal eine Ausbildung als Berufskraftfahrer gemacht. Ich war dann bei einer Spedition in Bielefeld und habe richtig LKW-Fahren gelernt. 

OME: Krass. Ursprünglich 40-Tonner?

OLIVER FLASKÄMPER: Ja, richtig. 

Ich konnte meinen PKW-Führerschein mit sechzehn machen, meinen LKW-Führerschein mit achtzehn. Aufgrund der Berufsausbildung gab es da eine Sondergenehmigung.

Das heißt, ich habe mit sechzehn den PKW-Führerschein gehabt – und einen eigenen PKW. 

Und mit achtzehn hatte ich dann meinen LKW-Führerschein für 40-Tonner. 

Ursprünglich wollte – oder sollte – ich eigentlich eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann machen, bei „SØR“ in Bielefeld. Das ist ein Herrenausstatter.

Ich hatte den Ausbildungsvertrag auch schon unterschrieben.

Ein paar Wochen später rief ich dort an und sagte: „Ich habe mich umentschieden. Ich werde jetzt Berufskraftfahrer.“

Da war am Ende der Leitung Totenstille.

Und irgendwann sagte er: „Ja, das ist ein bisschen was Anderes als bei uns.“

Ich habe die Entscheidung nicht bereut. Es war eine tolle Zeit.

Man war relativ kurz nur wirklich Auszubildender. Ich war das erste halbe Jahr in der LKW-Werkstatt. Die gehörte zur Spedition dazu.

Da musste ich alles machen, was man so macht. Fettnippel abspritzen, große LKW-Reifen wechseln, Bremsen abdrehen und solche Geschichten.

Also richtige Knochenarbeit. In der Werkstatt herrschte auch ein rauer Ton.

Aber nach einem halben Jahr kam ich dann auf den Hof und durfte rangieren. 

OME: Sind wir jetzt Ende der Neunziger?

OLIVER FLASKÄMPER: Nein, Ende der Achtziger. Neunundachtzig habe ich meine Ausbildung zum Berufskraftfahrer gemacht. 

Dann ging es ans Rangieren. Drei Monate habe ich auf dem Hof rangiert. Ich musste LKWs hinten an die Rampe fahren oder Anhänger rückwärts schieben, was gar nicht so einfach ist bei diesen Zwei-Achser-Anhänger.

Aber das habe ich dann in drei Monaten wirklich perfekt gelernt. Ich konnte es besser als manch anderer Kraftfahrer da, die meistens nur geradeaus gefahren sind.

Das war also eine gute Schule.

In der Berufsschule kam auch ein bisschen Disposition dazu. Frachtpapiere und Zollpapiere ausfüllen zum Beispiel. 

Meine Ausbildung habe ich gerade in der Wende-Zeit abgeschlossen. Meine Ausbildung ging zwei Jahre, 91 kam die Wende, die Mauer war auf, Freddy Mercury war gestorben, das war alles zu der Zeit.

Dann wollte ich eigentlich in den Fernverkehr wollte. Das war mein Traum. Mal ein bisschen die Welt sehen. 

OME: Europa sehen mit dem LKW. 

OLIVER FLASKÄMPER: Ich habe eigentlich mehr Bezirksfernverkehr gemacht. Maximal hundert Kilometer. 

OME: Also hast du immer zu Hause geschlafen? 

OLIVER FLASKÄMPER: Ja, genau. Ich wollte dann mal ein bisschen raus.

Das war aber gerade zu der Zeit, als die Binnenkonjunktur nach der Wende einbrach. Es kam nach der Wende für anderthalb Jahre zu einem richtigen Boom, aber danach brach es so richtig zusammen. 

Da wurden bei unserer Spedition immer mehr Leute entlassen und ich bin zu einer Mineralölspedition in Bielefeld gewechselt, die Firma Böske.

Die gibt es heute leider auch nicht mehr. Mein ehemaliger Chef ist letztes Jahr gestorben.

Das war DEA damals, DEA-Tankstellen kennt man vielleicht ja noch.

OME: Wie bist du darauf gekommen, Kraftfahrer zu werden?

OLIVER FLASKÄMPER: Mein Vater war auch Kraftfahrer. Da dachte ich, was er gemacht hat, das kann für mich nicht so schlecht sein. 

Und dann habe ich das gemacht. Es war auch eine tolle Zeit. Ich habe viel Erfahrung gesammelt. 

In meiner Berufsschulklasse war auch der ein oder andere, der die Ausbildung als Auflage vom Gericht bekommen hatte. In der Spedition arbeiteten auch Leute, die ein bisschen handfest waren. Da hat man das echte Leben mal kennengelernt. 

Wenn man mal einen ganzen LKW voll Nüsse abgeladen hat, dann weiß man am Abend auch, was man getan hat.

Das war schon wirklich Knochenarbeit, aber ich habe viel gelernt und gemerkt, dass man für sein Geld arbeiten muss. 

Und dann rief irgendwann die Bundeswehr für zwölf Monate. Da habe ich gesagt: „Hm. Ich verdiene jetzt grade so viel Geld und …“

Aber verweigern wollte ich dann auch nicht.

Da habe ich mir überlegt: „Mensch, was machst du jetzt?“ Ich habe damals wirklich richtig viel Geld verdient. Auch aufgrund der vielen Überstunden natürlich, die ich gemacht hab.

Da hat man noch nicht so ganz genau hingeschaut, was die Stunden- und Tachoscheiben angeht. Wenn dann Kontrolle kam, gab es schon Stress, aber das war im Verhältnis zu heute gesehen damals alles noch nicht so dramatisch von den Strafen her. 

OME: Da höre ich schon raus, dass du ein richtiger Macher bist. Du hast nicht auf die Uhrzeit geguckt, du hast eher auf das Portemonnaie geguckt.

OLIVER FLASKÄMPER: Ja, mir hat es auch Spaß gemacht.

Und klar: Geld verdienen war natürlich auch nicht schlecht. Dann konnte man sich ein bisschen mehr leisten. 

Und ich bin wirklich gerne gefahren zu der Zeit. Da war die A2 noch nicht so voll. Hat schon Spaß gemacht.

Experte Oliver Flaskämper bei der Bundeswehr

Aber als die Bundeswehr rief, habe ich mich dazu entschieden, mich länger zu verpflichten. Damals gab es die Möglichkeit über so eine Art Wildcard, mit Mittlerer Reife und abgeschlossener Berufsausbildung, in die Offizierslaufbahn zu gehen.

Das hat dann auch geklappt. Ich habe mich da beworben und war der einzige in meinem Jahrgang, der die Offizierslaufbahn ohne Studium machen durfte.

OME: Wo warst du denn bei der Bundeswehr?

OLIVER FLASKÄMPER: Ich war überall in Deutschland. 

Ich habe ganz viele verschiedene Stationen durchlaufen und auch viel gelernt.

Aber, und das ist manchmal auch wichtig, man hat natürlich auch das Gegenteil von Selbstständigkeit, Unabhängigkeit und Freiheit kennengelernt. Befehl und Gehorsam hat jetzt mit Freiheit und Selbstständigkeit und Unabhängigkeit relativ wenig zu tun.

Diese Offiziersausbildung dauerte drei Jahre. In der Zeit habe ich festgestellt, dass das für mich dann doch nicht so das Richtige ist für den Rest meines Lebens, sondern dass ich doch lieber etwas Anderes machen möchte.

Deshalb habe ich dann das letzte Jahr meiner vier Jahre in München an der Bundeswehrfachschule mein Fachabi nachgeholt.

Ich habe in dieser Zeit in Zivil, ohne Uniform tagsüber meine Schule und nachmittags dann Hausaufgaben gemacht.

Ich hatte ein bisschen Nachhilfe von zwei Kameraden, die schonmal Abi in Nordrhein-Westfalen gemacht hatten. Ich war ja relativ lang aus der Schule raus und zwischen der Schulausbildung in Nordrhein-Westfalen und in Bayern ist ein riesen Unterschied. 

Die ganzen Oberfeldwebel, mit denen ich zusammen die Schulbank gedrückt habe, waren alle fitter, obwohl die zwölf Jahre aus der Schule raus waren! Das war schon ein echt krasses Erlebnis.

Dann habe ich mein Fachabi innerhalb von einem Jahr erfolgreich abgeschlossen. Und in diesem Jahr habe ich die Liebe zum Internet entdeckt. Das war dann 1997. 

So strukturiert der Experte seine Firmen

OME: Als Achtjähriger hast du Böller verkauft, später warst du auf den Kopierpartys, dann warst du Soldat. Ich habe mir vor dem Interview überlegt: Auf wen werde ich treffen?

Ich dachte mir, du bist eine Kontaktmaschine, so ein Kontakter. Und jetzt hat sich mein Eindruck bestätigt. 

Im Endeffekt sind auch deine Plattformen Kontaktmaschinen, wenn du so willst. Das finde ich total spannend. Kannst du uns noch etwas mehr darüber erzählen?

OLIVER FLASKÄMPER: Vor dreizehn, vierzehn Jahren habe ich die Erkenntnis für mich gewonnen: Ich bin leidenschaftlich gerne Unternehmer. Es macht mir extrem viel Spaß, Ideen zu haben, Firmen zu gründen, Teams aufzubauen und das alles umsetzen zu können. 

OME: Das sind die schönen Seiten des Unternehmers. 

OLIVER FLASKÄMPER: Genau, dass alles so ins Laufen zu bringen. Aber ich bin ungerne Chef.

Das so für mich zu akzeptieren, hat mich total befreit. Es ist kein einfacher Schritt gewesen, selbst zu sagen: „Mensch, ich bin jetzt doch nicht so ein Menschenführer.“

Das war dann auch letztlich ein Grund für mich, wieso die Bundeswehr dann kein Thema mehr war. Ich habe gemerkt, „Menschenführen“ krieg ich zwar handwerklich irgendwie hin, das kann man auch lernen.

Aber es entspricht irgendwie nicht so meinem Wesen, das bin ich nicht. Das habe ich dann letztlich in meiner unternehmerischen Laufbahn auch festgestellt.

Dieses Thema „Menschenführung, Personalführung, Anführer sein an der Front“ – das ist nichts für mich. Das belastet mich eher, laugt mich aus. Das raubt mir Energie, um auch neue Ideen zu entwickeln.

Da habe ich dann gesagt: „Mensch, da musst du Leute für haben.“

Und das habe ich dann auch gemacht. Ich habe mir Leute geholt, die es zum einen besser können und mehr Spaß daran haben. 

Das war aus meiner Sicht eine der wichtigsten, wenn nicht sogar die wichtigste Entscheidung, die ich in meinem Unternehmerleben getroffen habe: Dass ich wirklich dieses Thema „Führung und Chef-Sein“ delegiert habe. 

OME: Das heißt, du hast jetzt die Geschäftsführung abgegeben? Heißt das, du triffst dich schon mit deinem Steuerberater, aber du entlässt und stellst keine Leute ein?

OLIVER FLASKÄMPER: Genau, weitestgehend.

OME: Und kriegst du mit, dass auch mal harte persönliche Entscheidungen beim Entlassen von Mitarbeitern getroffen werden – zu Ungunsten eigentlich ehemaliger Freunde oder Bekannter? 

OLIVER FLASKÄMPER: Ja, klar. Das gehört dazu. Wenn man nicht sadistisch veranlagt ist, dann ist das so, dass man in der Regel gerne einstellt, aber ungern entlässt. 

Ich glaube, Entlassungsgespräche führt niemand gerne. Es sei denn man hat so eine gewisse Ader, dass man Freude daran empfindet, andere zu quälen. 

So bin ich nicht. Definitiv nicht. 

Ich habe die Firma dann sozusagen filetiert in einzelne Geschäftsbereiche, die wir schon immer hatten – aufgeteilt in Tochtergesellschaften. In jeder Tochtergesellschaft gibt es eigene Führungen, eigene Mitarbeiter.

Das ist nicht irgendwie konstruiert, sondern das macht auch Sinn, denn die Firmen sind auch eigenständig. Das ist DomainBoosting, das ist content.de. 

Das passt vom Konstrukt und man hat viele kleine schlagkräftige Einheiten, von denen jede für sich eine eigene Unternehmenskultur hat.

Wir machen zwar auch ein, zwei Mal im Jahr was zusammen. Ein gemeinsames Weihnachtsfest oder ein Sommerfest oder einen Ausflug.

Aber im Endeffekt ist doch jede Firma für sich und entscheidet autark in Bezug auf Arbeitszeiten, Arbeitszeitregelung und solche Sachen.

Das haben wir einfach so eingeführt und das leben wir auch.

Und das schafft mir eben den Freiraum, neue Trends zu entdecken, Ideen zu entwickeln und was Neues auszubrüten.

Sonst wären viele Sachen nicht entstanden, dann wäre das Denkwerk nicht entstanden, dann wäre letztendlich bitcoin.de nicht entstanden.

Diese Entscheidung damals war rückwärtig, retroperspektiv betrachtet richtig. Für den Erfolg der verschiedenen Unternehmen – und natürlich auch für mein persönliches Wohlbefinden.

Ich fühle mich selbst jetzt besser eingesetzt.

Jeder muss das machen, was er am besten kann, wo er auch seine Stärken hat. Und wenn man merkt, dass man irgendwelche Dinge entweder nicht kann und/oder sie eben nicht gerne macht, dann sollte man es einfach lassen. Dann sollte man nicht versuchen, sich irgendwie zu optimieren.

Deswegen sehe ich unser Schulsystem auch sehr kritisch. Ich glaube, wir gucken viel zu sehr auf die Dinge, die jemand nicht kann, als darauf, was jemand kann und das dann zu stärken, zu entwickeln. 

Aber das ist halt so. Alle müssen das Gleiche wissen, alle müssen das Gleiche können.

Deswegen war für mich die Schulzeit nicht so von Freude begleitet. Dass man versucht, alle über einen Kamm zu scheren, war nichts für mich.

Ich hätte viel lieber mehr Geschichte und Politik gemacht. Das hat mich interessiert, weil ich da Spaß dran hatte.

Vielleicht würde ich dann jetzt etwas in dem Bereich machen. Das hätte auch sein können.

Aber etwas Eigenes zu entwickeln, Ideen umzusetzen, das war schon immer mein Ding. Und das wurde natürlich – und wird auch heute – nicht in der Schule gefördert. 

Daher nimmt Experte Oliver Flaskämper seine Ideen

OME: Du erzählst ja viel von Ideen. Aber man braucht ja nicht nur Ideen, sondern muss sie, vielleicht auch mit einem Team, umsetzen können.

Meine besten Ideen habe ich immer gefunden, wenn ich die größten Probleme hatte.

Wie ist das bei dir?

Kommst du zu den Ideen, wenn du alleine bist, wenn du in einer Gesellschaft bist, wenn du im Stress stehst oder wenn du im Stau bist oder im Flugzeug sitzt?

Wo kommen deine Ideen her? Auf Knopfdruck?

OLIVER FLASKÄMPER: Meine Ideen kommen, wenn ich ganz bei mir bin.

Das ist nicht ganz so häufig. Wenn man erstmal in diesem Rad drin ist und Dinge richtig gut laufen, dann hat man natürlich automatisch nicht mehr so viel Zeit für Ideen.

Dann muss man sich zwingen, sich auch mal wieder rauszunehmen und die Sache von außen zu betrachten.

Ich glaube, ich kann der Unternehmensgruppe am meisten helfen, wenn ich Dinge von außen betrachte und die Projekte aus der Kundenbrille sehe, anstatt im Maschinenraum zu stehen und zu helfen, ein Problem zu fixen. 

Was ich aber auch mache. Ich bin mir für nichts zu schade.

Ich habe mir wirklich viele Jahre die Hände dreckig gemacht und bin mir auch heute nicht zu schade, da den Lappen in die Hand zu nehmen und sauber zu machen, wenn es sein muss. 

OME: Ich habe auch den Eindruck, dass Sauberkeit dir sehr wichtig ist. Wir haben uns hingesetzt und du hast erstmal den Tisch sauber gemacht. 

OLIVER FLASKÄMPER: Ich bin jetzt kein Pedant.

Vieles hier im Denkwerk ist so gestaltet, dass Dinge, die mal nicht so in Ordnung sind, nicht zu sehr auffallen.

Wenn du einen Holzfußboden hast und keine Hochglanzfliese, dann fallen bestimmte Macken oder auch mal ein kleiner Fleck oder so nicht auf. Und dann hat man auch nicht das Gefühl, es ist unsauber.

Ich habe keinen Putzfimmel, aber ich finde es schon nett, wenn es ansprechend aussieht und nicht völliges Chaos herrscht. Auch auf dem Parkplatz zum Beispiel.

Dass es einfach einladend aussieht, ist mir schon wichtig. Das gehört ein Stück weit zur Atmosphäre dazu.

Es ist so, dass eine gewisse Sauberkeit, Aufgeräumtheit für viele Menschen einfach zum Wohlfühlen dazugehört.

Ich sag‘ es mal so, ich bin ein Chaot, der die Ordnung liebt.

Das heißt, durch die vielen, vielen Dinge, die ich mache und die einfach so in meinem Kopf rumgeistern, entsteht automatisch ein gewisses Chaos, sodass es immer wieder aufs Neue eine Herausforderung ist, das unter Kontrolle zu bekommen.

OME: Nicht durchzudrehen. 

OLIVER FLASKÄMPER: Ja, nicht durchzudrehen.

Man muss immer wieder mal  aufräumen, sich ordnen und sortieren. Sich ein neues System überlegen, wie man ein bisschen mehr Ordnung schaffen kann.

geizkragen.de – Das erste Erfolgsprojekt des Experten

OME: Seit wie vielen Jahren bist du jetzt selbstständig?

OLIVER FLASKÄMPER: Ein bisschen mehr als zwanzig. 

OME: Ein bisschen mehr als zwanzig Jahre. Dann hast du auf jeden Fall meinen Respekt. Du hast ja auch richtige Herausforderungen erlebt. So zum Beispiel 2008, 2009.

OLIVER FLASKÄMPER: 2000!

OME: Natürlich und 2001. Du hast zwei große Weltwirtschaftskrisen überlebt. Und ich meine: Du bist Gründer von content.de, DomainBoosting und bitcoin.de. Das ist sehr beeindruckend. 

OLIVER FLASKÄMPER: Angefangen habe ich aber mit geizkragen.de.

OME: Wurde die Domain nicht von heise.de gekauft?

OLIVER FLASKÄMPER: Nein, das ist geizhals.de.

Ich habe Kollegen aus Österreich für nicht wenig Geld die geizhals.de Domain verkauft, die wollten sie unbedingt haben.

Und Heise hatten mich angesprochen, weil sie auch geizkragen.de kaufen wollten, aber ich war zu dem Zeitpunkt irgendwie nicht bereit.

Wenn ich ganz ehrlich sein soll, weiß ich gar nicht genau, warum das nicht geklappt hat. Ich saß mit dem Ansgar Heise und Dr. Schräder, das ist auch einer der Geschäftsführer, zusammen in Hannover, aber daraus ist nichts geworden.

Da habe ich dann hinterher die geizhals.de Domain nach Österreich verkauft – und die haben dann wohl kurze Zeit später alles an Heise verkauft. So lief das dann. 

Mit geizkragen.de fing im Grunde genommen alles an. Das war 1998 mein erstes Projekt gewesen. 

Das hat auch alles, was danach kam, finanziert. Wir hatten dann noch Adbutler. Das war ein Affiliate-Netzwerk.

Das ist dann an Belboon verkauft worden 2008. Das war ein kleines, börsenorientiertes Media-Unternehmen. Ich weiß nicht, ob das immer noch Belboon heißt.

Im Affiliate-Bereich hat sich ja viel getan. Damals waren wir im Grunde genommen im Fahrwasser von affiliate.net. Da ist dann affiliate.net gestartet, das später von 1&1 gekauft wurde.

Und wir haben Adbutler gemacht. Das war eigentlich mein erster Exit. Bisschen was für die private Altersvorsorge. 

OME: Bist du selbst auf geizkragen.de gekommen? Bist du derjenige, der die Domain damals registriert hat?

OLIVER FLASKÄMPER: Nein, also das ist eine abenteuerliche Geschichte gewesen. Im Endeffekt war es so: Ich bin mit geizkragen.de gestartet. Die Domain war noch frei, die konnte man noch registrieren. 

OME: Und die hast du registriert?

OLIVER FLASKÄMPER: Die habe ich registriert. 1997 oder 1998 muss das gewesen sein.

geizhals.de gab es damals auch schon, das war im Prinzip auch eine kostenlose Webseite. Das Problem war, dass geizkragen.de und geizhals.de synonym gebraucht wurde. Leute haben die Domains teilweise verwechselt.

Da war zum Beispiel mein Screenshot auf irgendeiner Seite als Empfehlung, allerdings wurde geizhals.de verlinkt. Das war total ätzend.

So ähnlich war es mit gewinnspiele.com. Das war eine große Gewinnspielseite am Anfang des Internets in Deutschland. Davon wurden auch Screenshots in Zeitschriften veröffentlicht, allerdings mit dem Link gewinnspiele.de.

Der Betreiber von gewinnspiele.com war natürlich völlig stinkig. Ich kenne ihn auch heute noch. 

Ich habe dann herausgefunden, dass es eine Firma Geizhals Wagner GmbH gab. Ich glaube, die gibt es mittlerweile nicht mehr. 

Die hatten eine Marke auf den Namen Geizhals, und zwar schon seit 1930. Es war also schon eine ganz alte Marke.

Die haben sogenannte Sprüh-Öler hergestellt. Das sind im Prinzip diese klassischen alten Ölkannen mit einem Hebel drauf, zum Beispiel für Motorsägen. 

OME: Ach so, es hieß Geizhals, weil das Öl damit dosiert wird!

OLIVER FLASKÄMPER: Ja, der Geizhals. 

So, und die Besitzer der Marke sind dann irgendwann auf den Eigentümer der Domain geizhals.de zugegangen und haben gesagt: „Wir haben die Marke, rück‘ mal die Domain raus.“

Und der hatte auch keine Chance. Ich glaube, es ist noch nicht einmal zum Prozess gekommen.

Er hat die Domain dann abgegeben, wahrscheinlich sehr, sehr schweren Herzens. – Und dann hatten die sie.

Dann habe ich irgendwann mitgekriegt, dass es dieser Geizhals Wagner GmbH wirtschaftlich wohl nicht ganz so gut geht, und habe denen dann einfach auf Verdacht einen einseitig unterschriebenen Kaufvertrag zugeschickt – mit einer für damalige Verhältnisse riesigen Summe.

Ich glaube, das waren 20.000 bis 25.000 Euro. Das war damals im Jahr 2002 oder 2003 für eine Domain richtig viel Geld. 

Und zu meiner großen Überraschung und Freude kam der Vertrag unterschrieben zurück. 

OME: Wie feierst du solche Erfolge?

OLIVER FLASKÄMPER: Ich bin wirklich aufgesprungen und wir haben auch ein paar Flaschen geköpft. 

Das war wirklich irre. Das war ein Megaerfolg und letztlich auch die Basis für den großen Erfolg von greizkragen.de.

Da ging es mit geizkragen.de wirklich steil nach oben, auch mit dem Preisvergleich, der dann danach noch dazukam.

Am Anfang ist das ja wirklich eine rein kostenlose Seite gewesen, dann kam der Preisvergleich dazu.

Und dann haben wir es mit der Suchmaschinenoptimierung irgendwann übertrieben. Das konnten wir auch gut – zu gut. 

Wir haben dann auch noch Domains wie counter.de gekauft und haben dann mit Counter schön re-directed. 

Da haben wir es übertrieben.

Dann kamen Panda, Pinguin und co. und haben alles kaputt gemacht und dann ging es auch mit Geizkragen steil bergab.

Aber wir – wenn ich „wir“ sage, meine ich natürlich mein Team, ich bin ja nicht immer alleine gewesen – hatten das Glück, dass wir auf mehreren Beinen standen.

Dadurch hatten wir immer irgendwelche Projekte, die liefen, auch, wenn das andere mal eben nicht mehr lief.

Zu der Zeit, als Geizkragen sich in den Sinkflug begeben hatte, hatten wir mit Adbutler ein Projekt, das gut lief. Das wurde dann 2008 verkauft.

Die Entstehung von content.de

Anschließend haben wir content.de aufgebaut, das fing auch an, gut zu laufen. Und 2011 kam dann bitcoin.de dazu. Damit sind wir jetzt auch schon im achten Jahr. 

Bitcoin hat dann natürlich alles in den Schatten gestellt. Damit sind wir ja auch an der Börse notiert und haben in den letzten Jahren wirklich gute Ergebnisse eingefahren.

Wir konnten ein schönes Wachstum verzeichnen.

Wir haben auch einiges falsch gemacht. Auch da könnte ich einige Sachen erzählen.

Es war nicht immer alles nur erfolgreich, aber am Ende zählt die Summe der Entscheidungen und da waren vielleicht ein, zwei oder drei mehr erfolgreiche als nicht erfolgreiche Entscheidungen dabei. 

OME: Hast du dir dein Wissen aus irgendwelchen Werken angelesen oder hast du mit Mentoren oder Coaches zusammengearbeitet?

OLIVER FLASKÄMPER: Nein, gar nichts davon. 

Natürlich habe ich auch Seminare besucht. Da gab es auch ein, zwei, drei Bücher.

Ein wichtiges Kennenlernen war mit Dieter Lange, das ist ein toller Speaker und Trainer aus Hamburg, der auch ein sehr gutes Buch geschrieben hat.

Es heißt „Sieger erkennt man am Start – Verlierer auch“. Den Titel finde ich jetzt nicht so treffend, aber der Inhalt ist wirklich der Hammer.

Da geht es darum auch einfach zu gucken: Wie ticke ich denn überhaupt selbst?

Sein Motto ist: Ich kann erst andere führen, wenn ich mich selbst führen kann.

Das Führen von anderen war für mich jetzt nicht mehr so wichtig, aber es ist gut, einfach selbst für sich zu gucken: Wo bin ich? Wo will ich hin? Welche Stärken habe ich? Welche Schwächen habe ich? Wie gehe ich damit um?

Das waren Themen, die wichtig waren. 

Unternehmerisch habe ich mich nicht mit anderen verglichen, aber natürlich immer geguckt, was andere machen. Was kann man besser machen oder optimieren?

Das hat auch zu mancher Geschäftsidee geführt. Content.de zum Beispiel ist entstanden, weil wir Kunde bei Textbroker waren. 

Die haben gut Umsatz gemacht und hätten vermutlich auch gerne mehr Umsatz gemacht, aber meine Mail mit Verbesserungsvorschlägen fand kein Gehör. Die wurde nicht einmal beantwortet.

Nach dem zweiten Versuch habe ich dann gesagt: „Okay, dann müssen wir das halt selbst machen.“

Dann haben wir content.de hochgezogen. Drei Monate nach dem Start von content.de waren alle Verbesserungsvorschläge, inklusive der anderen Sachen, die wir bei content.de anders gemacht haben, auf einmal auch bei Textbroker umgesetzt.

Das hätten sie auch einfacher haben können. 

Der Experte über die Bedeutung von Marketing

OME: Das ist super spannend. 

Du hast vor einer viertel Stunde mal in einem Nebensatz gesagt: „Das muss man aus der Kundenbrille betrachten.“

Ich finde man merkt bei deinen Projekten wie content.de, dass sie aus der Kundensicht geschaffen wurden. Sie haben so viele Vorteile. Es gibt auch noch ein paar knifflige Sachen, die man vielleicht anders machen kann, aber es hat bestimmt alles seine Gründe.

Das zieht sich durch viele Projekte bei dir. Man merkt, dass du deine Produkte oder deine Ideen nicht nur für deinen finanziellen Vorteil machst, damit du mehr Geld verdienst oder es dir noch besser geht.

Dir geht es schon gut, du müsstest eigentlich nicht mehr, aber du machst es halt trotzdem.

Aber wenn du in ein Projekt gehst, kann ich mir vorstellen, ist ein wichtiger Aspekt bei dir, dass es aus der Kundenperspektive gestaltet wird. 

OLIVER FLASKÄMPER: Wenn es ums Thema „Marketing“ geht, bin ich jemand, der nicht so gerne Geld für Marketing ausgibt.

Ich versuche stattdessen, einfach ein richtig gutes Produkt zu schaffen, was sich dann von alleine herumspricht und weiterempfohlen wird. Das ist bei B2B manchmal schwieriger, aber im B2C Bereich ist das manchmal sehr einfach.

Es ist natürlich die beste, einfachste und günstigste Form und somit auch die effektivste Form des Marketings, wenn das Produkt aufgrund von zufriedenen Kunden weiterempfohlen wird und sich einfach von alleine weiterverbreitet.

Und deswegen überlege ich mir bevor ich Marketing mache immer, ob man dieses Geld nicht irgendwo noch besser investieren könnte, indem man das Produkt einfach besser macht.

Auch wenn man das vielleicht nicht glauben mag, aber ich bin immer ein schlechter Marketer gewesen.

In eigener Sache vielleicht schon. Ich habe unsere Unternehmen gut verkauft, glaube ich, aber wenn es jetzt darum geht, wirklich Neukunden zu akquirieren, waren wir immer extrem schwach auf der Vertriebsseite.

Ich habe viel zu spät erst begriffen, dass es wichtig ist, einen Vertrieb und Vertriebler zu haben. Gerade am Anfang, als es losging mit dem Internet, habe ich gedacht: Ja, super! Man drückt irgendwo auf einen Knopf, dann gehen 500.000 E-Mails raus und alles läuft von alleine!

Man muss mit keinem sprechen, man muss auf keine Messe fahren, man muss keinen Außendienstler haben, der sich ins Auto setzt und dann 500 Kilometer irgendwohin fährt, um da irgendeinen zu treffen.

Das ist ja alles völlig bescheuert, kostet nur Geld und ist völlig unnötig.

Als sie gegründet wurden, habe ich Zanox, ein großes Affiliate-Netzwerk, das mittlerweile zu Axel Springer gehört, auf einer Messe gesehen. Da waren die ganz frisch am Start.

Sie hatten zwei, drei Kunden, mit denen sie dann auch den ganzen Messestand plakatiert haben. Das müssten Esprit und Expedia, also ziemlich große Marken, gewesen sein. 

Als Zanox gerade gestartet ist, haben sie gesagt: „Wer bei uns mitmachen will, muss erstmal eine Set-up-fee von 5.000 oder 10.000 Euro bezahlen, sonst kommt ihr überhaupt nicht bei uns auf die Plattform.“

Und da habe ich gedacht: Mensch, wie hochnäsig und arrogant. Damit werden die kläglich scheitern.

Wir haben gesagt: „Bei uns kommt jeder rein.“ Wir kümmern uns auch bei einem kleinen Krauter darum, dass er sein Affiliate-System über uns aufsetzen kann.

Zanox hat eben auch Vertrieb gemacht. Sie sind zu den großen Marken gefahren und haben mit denen gesprochen.

Ich fand das alles total lächerlich. Aber dann sind die damit extrem erfolgreich gewesen.

Mit den tollen Marken kamen dann auch die tollen Affiliates, die Werbung machen wollten für sie. Das hing einfach zusammen: Tolle Marken, tolle Affiliates. So hatten sie Kontakt zu den ganzen Power-Affiliates. 

Und das war dann für mich so ein Aha-Moment, durch den ich wirklich realisiert habe: Ja, man braucht auch Marketing.

Man braucht Marketing – vor allem Vertrieb!

In gewisser Weise auch Marketing, aber vor allem Vertrieb, wenn es darum geht, gerade im B2B-Bereich bestimmte Produkte zu verkaufen. Es gibt eben immer noch Menschen, die einen anderen Menschen gesprochen haben wollen, bevor sie sich für ein Produkt entscheiden.

OME: Du glaubst nicht, wie Recht du hast. Wir sind auch nur durch Vertrieb bei DomainBoosting gelandet. Bei content.de lief das anders. Wir wollten weg von Textbroker und kamen dann zu content.de. 

Und da haben wir ein paar Sachen getestet, herausgefunden, was läuft und was nicht, und jetzt läuft die Kiste.

OLIVER FLASKÄMPER: Die riesen Herausforderung bei Plattformen wie content.de ist es, die passenden Texter zu identifizieren. 

Der normale Weg ist: Du machst ein paar Open Orders, bekommst dann aber auch Texte, die nicht optimal sind. Es gibt Leute, die einfach vom Thema her nicht nah genug dran sind.

Aber wenn du dann erst mal deine Hand voll Texter hast, die einfach passen, dann schnurrt das ja auch wie ein Kätzchen.

Dann läuft das richtig gut.

Die große Herausforderung ist also, relativ schnell die passenden Autoren zu bekommen, die für das eigene Themengebiet geeignet und kompetent genug sind, und dann läuft das.

OME: Mega innovativ finde ich auch die WordPress-Schnittstelle. 

Da habe ich sofort gedacht, dass derjenige, der sich das ausgedacht hat, genau weiß, was in unseren Köpfen vorgeht. Also, was wir brauchen. 

OLIVER FLASKÄMPER: Das kam von mir, aus Prozessoptimierungsgründen.

Das haben wir ja schon seit sechs oder sieben Jahren. Ich dachte, es wäre für Blogbetreiber schön, eine Schnittstelle zu WordPress direkt von content.de zu haben.

Wenn ich dann irgendwann meinen Autor identifiziert habe, muss ich ihm keine Zugangsdaten geben und nicht direkt mit ihm abrechnen.

Trotzdem kann er die Texte direkt auf den WordPress Blog liefern. Ich habe überhaupt nichts mehr zu tun.

Ich habe sogar die Möglichkeit, ein Abo beziehungsweise einen Dauerauftrag abzuschließen. 

Da sage ich: „Ich brauche zwei Blog-Artikel pro Woche, die du direkt rein lieferst.“

Und das wird direkt abgerechnet, ich muss mich um nichts kümmern.

OME: Wie viel Prozent von content.de beim Produkt ist denn Text?

OLIVER FLASKÄMPER: Das ist schwer zu sagen. Allein die Erstellung von Text ist über ein Briefing schwer zu vermitteln: Was genau will ich denn jetzt eigentlich haben?

Und wenn du jetzt in den Bereich Fotos gehst, gab es bei content.de mal eine Schnittstelle zu Fotolia. Man konnte einen Autor damit beauftragen, ein passendes Bild für den Text vorzuschlagen.

Den eigenen Fotolia-Account konnte man über eine Schnittstelle mit andocken. 

Das erste Online Projekt von Experte Oliver Flaskämper

OME: Wir haben ja schon viel über deine unternehmerischen Anfänge gesprochen. Welches war denn dein erstes eigenes Online Projekt?

OLIVER FLASKÄMPER: Das war eine Partnervermittlung, die Single- und Freizeit-Connection OWL. 

Da gab es Kleinanzeigen im heißen Draht und eine Hotline. Ich auch eine Internetseite über T-Online damals, home.t-online.de und so.

Das habe ich 1996 gestartet, als ich mein Fachabitur in München gemacht habe. 

OME: Hast du es geschafft, damit Singles zu vermitteln?

OLIVER FLASKÄMPER: Nein, ich habe niemanden vermittelt, denn ich habe leider keine Marktanalyse gemacht.

Ich war damals einfach zu früh. Ich hatte hinterher 300 Typen in der Datenbank, aber keine einzige Frau. 

Ich hatte dann erst kurz überlegt, die Typen miteinander … Das wollte ich dann aber auch nicht. 

Ich habe es dann aufgegeben. Das war im Nachhinein natürlich total bescheuert, wenn man sich ElitePartner, FriendScout und Tinder heute mal ansieht.

Ich sage mal: Ich bin auch bei Tinder – aber ich habe nicht die App, ich habe die Aktie. Und die hat hundert Prozent gemacht in den letzten Monaten. Ja, das läuft immer. 

Bei dem Thema war damals schon absehbar, dass das kommt. Allerdings lag die Frauenquote 1995, 1996 im Internet noch bei 0,2 Prozent.

Das ist heute völlig anders. Heute ist die Geschlechterverteilung im Internet mehr als ausgeglichen, aber damals war es eben einfach zu früh. 

das-telefonzimmer

Die Arbeitszeiten eines Experten

OME: Darf ich mir von Unternehmer zu Unternehmer die Frage erlauben: Wie groß war in den letzten 25 Jahren als Unternehmer dein Stundeneinsatz pro Monat? Gab es da unterschiedliche Zyklen?

OLIVER FLASKÄMPER: Ja, definitiv. Ich hatte Phasen, da habe ich am Tag vielleicht vier Stunden geschlafen und den Rest gearbeitet, zum Beispiel in der Zeit, in der ich an geizkragen.de gearbeitet habe.

Ich habe den Newsletter, den Geizkragen Gemeindebrief, damals noch selbst geschrieben. 

Und das war sehr zeitaufwändig, weil ich auch sehr pedantisch war.

Da gab es Tage, an denen ich wusste, der muss heute noch rausgehen, denn der hatte 500.000 Leser in der Spitze.

Das war ein richtiges Werbeinstrument. Wir hatten einen Kunden, der Druckerpatronen gemacht hat. Und wenn dieser Newsletter rausging, hatte er am nächsten Tag dreitausend Bestellungen für Druckerpatronen.

Dementsprechend haben wir mit diesem Newsletter zu der Zeit auch gutes Geld verdient. 

Ich hatte damals keinen, der mir das Schreiben des Newsletters abnehmen konnte. Ich habe mir einen Teil zuliefern lassen, aber das meiste habe ich selbst gemacht.

Geschrieben, formatiert, bis hin zur Veröffentlichung.

Da war es dann manchmal schon morgens sechs, sieben Uhr. Ich habe also wirklich die ganze Nacht durchgearbeitet – und dann auch direkt weitergearbeitet, anstatt ins Bett zu gehen.

Ich habe also wirklich 48 Stunden durchgearbeitet. Das gab es auch.

Aber da war ich ja noch jünger, da hat man das besser verkraftet. Das lässt natürlich nach.

Heute habe ich meistens einen 12-Stunden-Tag: von acht bis acht. Das ist so mein Tag. Dafür arbeite ich am Wochenende so gut wie gar nicht mehr. 

OME: Ist dann auch dein Handy aus?

OLIVER FLASKÄMPER: Nein, mein Handy ist nicht aus, aber dann setze ich mich nicht mehr an den Laptop.

OME: Es gibt doch auch den Begriff „Digital Detox“. Gibt es das bei dir?

Schaltest du auch mal ganz ab oder bist du immer erreichbar?

OLIVER FLASKÄMPER: Also, ich würde mich nicht als Workaholic bezeichnen, das bin ich nicht. 

OME: Aber Mr. Passion. 

OLIVER FLASKÄMPER: Ja, Leidenschaft treibt mich schon, aber ich sage es mal so: Es gibt was Schöneres, als E-Mails zu beantworten. 

OME: Ja, absolut. Schreibst du deine E-Mails noch selbst?

OLIVER FLASKÄMPER: Ja, klar. 

Um sie von jemand anderem beantworten zu lassen, sind die einfach zu speziell. Es geht um so viele verschiedene Themen.

Alles, was ich delegieren kann, delegiere ich. Da habe ich auch überhaupt kein Problem mehr. Ich habe schnell gelernt, dass ich eben nur durch gute Mitarbeiter multiplizieren kann.

Ich habe überhaupt kein Problem damit, Aufgaben abzugeben. – Auch in dem Bewusstsein, dass das Ergebnis dann nicht so perfekt wird, wie wenn man es selbst macht. 

Ich bin zwar auch ein Stück weit Perfektionist, aber ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn ich was delegiere und weiß: Okay, das wird dann halt nicht so perfekt, wie wenn ich es selbst machen würde. Das gehört einfach zusammen.

OME: Ich hätte noch eine Frage zur Zukunft.

Es gibt momentan den Topf „Go digital“ vom Bundesministerium, aus dem Unternehmen, unabhängig der Gesellschafter bis zu 15.000 Euro pro Jahr staatliche Subventionen bekommen können. Davon hast du bestimmt schon gehört.

Aber egal, wie groß der Zuschuss ist, behaupte ich: An Apple, Facebook, Amazon und Co. kommt man nicht mehr vorbei, die haben einfach einen millionenfachen Vorsprung.

Das ist ja eine Art digitaler Krieg, der jetzt von den Amerikanern gewonnen wird.

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Oliver Flaskämper über die Zukunft der Digitalisierung und des Online Marketings

Wo siehst du als Online Experte Deutschland im Bereich Digitalisierung im Jahr 2050? Werden wir das Schlusslicht bilden? Oder werden wir das noch kompensieren?

OLIVER FLASKÄMPER: Ich glaube, Deutschland hat gerade aktuell einige Schwächen. Man tut sich mit diesen neuen Technologien eher schwer und möchte eher das Analoge bewahren.

Man denkt, wir müssen einfach nur das Doppelte von dem tun, was wir gestern getan haben, dann haben wir auch wieder mehr Erfolg in der Zukunft.

Und das behindert uns in vielen Bereichen, in denen man sagt: „Es muss eigentlich noch viel schlimmer kommen, bevor es besser werden kann.“

Auf der anderen Seite hat Deutschland den riesen Vorteil, dass wir immer aus Unzufriedenheit Ideen entwickelt haben und uns immer wieder am eigenen Schopf aus dem Dreck gezogen haben.

Insofern bin ich schon optimistisch, dass wir da irgendwann die Kurve kriegen werden, aber dafür muss sich noch einiges ändern.

Dafür müssen wir wirklich erkennen, dass es in vielen Bereichen so nicht mehr weitergehen kann, und dass wir, um wettbewerbsfähig zu bleiben, wieder innovativer und mutiger werden müssen – auch auf die Gefahr hin, dass Dinge scheitern können.

Wir leben in vielen Bereichen mit der Meinung, das muss erst perfekt sein, bis wir damit an den Start gehen können, wobei viele andere sagen: „Nee, man kann auch schon vorher online gehen.“

Google hat es vorgemacht. Die sind jahrelang unter dem Hinweis „Beta“ unterwegs gewesen. 

Und wenn ich heute eine Kneipe aufmachen würde, was wir vielleicht demnächst sogar irgendwo hier machen werden, dann hat sie auch ein Beta-Zeichen, denn ich würde nie mit irgendwas an den Start gehen und behaupten, es ist alles perfekt.

Ich würde doch immer versuchen, den Leuten zu erklären: „Hey, wir sind gerade gestartet, aber vieles ist noch nicht perfekt. Wenn etwas nicht funktioniert, sagt uns das bitte, dann versuchen wir, den Fehler zu beheben.“

Im Zweifelsfall gibt es das Essen umsonst, wenn jemand eine schlechte Erfahrung gesammelt hat. 

Ich glaube, das Schlimmste, was man machen kann, ist mit diesem Anspruch rauszugehen: Hier ist alles super, wir öffnen jetzt.

Dann machen die Leute ganz viele schlechte Erfahrungen, denn das transportiert sich weiter, das wird sich gemerkt und für den ersten Eindruck gibt es ja bekanntlich nur eine Chance.

Aber wenn die Leute im Bewusstsein hier sind, dass sie quasi Tester sind, dann ist natürlich das Verständnis für Fehler ein ganz anderes.

Da fehlt uns in Deutschland diese Einstellung, nicht immer alles super perfekt machen zu wollen, bevor man startet, sondern auch mal auszuprobieren und mehr mit Beta-Phasen zu arbeiten. 

OME: Den Mut zu haben, auch mal nicht perfekt online zu gehen. 

OLIVER FLASKÄMPER: Genau. Es muss aber auch so kommuniziert werden. Das ist das Wichtigste.

Es muss auch gesagt werden: „Wir machen ein Gesetz, von dem wir wissen, dass es noch nicht perfekt ist, aber wir werden das innerhalb der nächsten zwei Jahre immer weiter verbessern.

Also ein Best Practice.

Man sollte auch mal gucken, was in anderen Ländern gut läuft, die Erfahrungen aus verschiedenen Ländern sammeln und kombinieren, anstatt den Status quo zu bewahren.

Ich glaube, wir sind sehr gut im Bewahren des Status quos. Und wenn dann doch etwas spontan, über Nacht manchmal, geändert wird, dann sind das Dinge wie „Ehe für alle“. Da ist das Abendland nicht untergegangen, es ist nichts Schreckliches passiert.

Es gab noch eine Sache, die sehr schnell ging: die Unternehmergesellschaft.

Die Unternehmergesellschaft in Deutschland, die Mini-GmbH, hätten wir nicht, wenn die Limited in Deutschland nicht so einen großen Erfolg gehabt hätte.

Man hat sich Jahrzehnte lang dagegen gewehrt, eine kleine GmbH einzuführen, weil man das für unseriös hielt. Wer keine 25.000 Euro hat, der sollte sich nicht selbstständig machen.

Der Europäische Gerichtshofes hat dann – und das ist ja Gott sei Dank oft der Fall – ein bisschen progressiver entschieden und aufgrund von Dienstleistungsfreiheit gesagt, dass so eine ausländische Rechtsform auch in ein deutsches Handelsregister eintragbar sein müsste.

Die Sitzfreiheit, also die Freiheit, den Sitz in jedes EU-Land zu verlegen, gilt eben für alle Gesellschaftsformen und das muss Deutschland eben auch entsprechend anerkennen.

Ein guter Freund von mir, Michael Silberberger, hat kurz nachdem dieses Urteil entschieden wurde Go Ahead gegründet.

Er hat dann dafür gesorgt, dass wir hier in Deutschland 60 – 70.000 Limiteds hatten. Und er war alleine mit seiner Go Ahead für 45.000 Limiteds verantwortlich. 

Man dachte sich dann natürlich: „Es kann doch nicht sein, dass eine ausländische Rechtsform häufiger in unsere Handelsregister eingetragen wird als unsere GmbH. Dem müssen wir mal was entgegensetzten.“ 

Und das war die Geburtsstunde der Unternehmergesellschaft. Die Unternehmergesellschaft hätten wir heute nicht, wenn die Limited in Deutschland nicht so einen großen Erfolg gehabt hätte.

Bei diesem Punkt denke ich mir: Warum muss es überhaupt erst so weit kommen? Warum muss uns erst mit rechtlicher Gewalt auf einer höheren Ebene gezeigt werden, dass es auch anders geht, bis wir dann in die Pötte kommen?

Ich glaube, wir brauchen viel mehr Best Practice, wir brauchen viel mehr Beta-Phasen, viel mehr Ausprobieren, um zu gucken, was wirklich gut funktioniert. Und dann hätten wir auch wesentlich weniger Probleme.

Allerdings sind wir so besitzstandwahrend und auch so reformunbereit in vielen Bereichen. Das Schulsystem ist das beste Beispiel. 

OME: Das muss so was von revolutioniert werden. 

OLIVER FLASKÄMPER: Ja! Im Grunde genommen müsste jede Schule selbst entscheiden können, in welche Richtung sie geht.

Auch wenn man mit dieser Entscheidung durchaus vorsichtig sein muss, damit sich keine Parallelgesellschaften bilden.

Es muss schon ein Stück weit geregelt bleiben, damit bestimmte Dinge nicht ausufern, aber grundsätzlich glaube ich, dass Schulen viel freier beim angebotenen Lernmaterial sein müssten, da dann viel mehr Kinder die Möglichkeit hätten, in dem Bereich gestärkt werden zu können, in dem sie gut sind.

So hat man viel mehr Kinder, die für sich feststellen, was sie besonders gut können, um dann eben nicht diesen Leerlauf oder abgebrochene Studiengänge zu haben, weil sie irgendwann feststellen: Das ist nicht das Richtige für mich. 

Der Experte über die unternehmerischen Herausforderungen der Zukunft

OME: Was glaubst du, als einer der erfolgreichsten Unternehmer Deutschlands, wird in den nächsten 25 Jahren auf uns zukommen?

Zum Beispiel: Mitarbeitermangel. Man spricht ja von SUHR – Schnell-und-hektisch-reich-Gesellschaft. 

Die Menschen, die heute unsere Auszubildenden werden, sind mit Apple, iPhone und Co. großgeworden, die sind Digital Natives durch und durch, können aber zum Beispiel nicht mehr Kopfrechnen.

Was kommt da auf uns zu?

OLIVER FLASKÄMPER: Der demografische Wandel ist natürlich eine riesige Herausforderung, weil uns einfach in vielen Bereichen Menschen fehlen werden.

Zum Beispiel in der Pflege, aber auch bei der Polizei und der Bundeswehr wird nur Technik uns helfen können. Wir werden also in Zukunft Pflegeroboter haben, die bestimmte Tätigkeiten machen werden. 

Für mich ist das keine Horrorvision, denn ich lasse mich, wenn ich mal alt bin, lieber von irgendeinem Roboter aufs Töpfchen setzen, als dass ich irgendjemanden, der tausend andere Sachen zu tun hat, mitten in der Nacht aus dem Bett klingeln und ein schlechtes Gewissen haben muss.

Deswegen sehe ich viele Dinge da auch positiv.

Auf der anderen Seite wird es im Bereich der Sicherheit auch immer mehr technische Überwachung geben – durch Drohnen, durch Gesichtserkennung und Co., was natürlich auf der einen Seite gut ist, weil man Leute sparen kann und mehr Sicherheit mit weniger Leuten gewinnt. 

Wir werden logischerweise auch immer weniger Polizisten haben, denn die Menschen werden ja in allen Bereichen fehlen.

Selbst mit 200.000 qualifizierten Menschen Zuwanderung jedes Jahr wird es nicht reichen. Wir werden in den nächsten Jahren trotzdem Rückgang haben und auf ganz viele Fachkräfte verzichten müssen.

Die Babyboomer gehen ja jetzt alle in Rente. Das wird eine riesige Herausforderung werden.

Ich habe die Hoffnung, dass Deutschland aufgrund dieser großen Herausforderungen zum Umdenken kommt und wir dann aus den Problemen Lösungen entwickeln, sodass wir in 25 Jahren besser dastehen als heute.

Das ist meine große Hoffnung. Ich will jetzt auch nicht alles schwarz sehen.

Wenn man einfach nur den Status quo fortschreibt und sich nichts ändert, dann sieht unsere Zukunft düster aus. Aber ich habe aufgrund der Tatsache, dass Deutschland es in der Vergangenheit bisher immer geschafft hat, den Karren herumzureißen, die Hoffnung, dass wir dann Lösungen entwickeln und es doch nicht so schlimm wird, wie man sich das ausmalen könnte.

Digitalisierung wird völlig normal sein. Es braucht einfach seine Zeit.

Das ist ein bisschen wie mit dem Bitcoin. Das ist auch ein schwieriges Thema in Deutschland.

Mittlerweile reden wir von zehn Jahren Kryptowährung. Da kann man nicht mehr von einem Hype sprechen, das hat sich einfach etabliert. 

Das ist da, das wird auch dableiben.

Und auch die schärfsten Kritiker werden irgendwann einsehen, dass es eine Daseinsberechtigung dafür gibt, dass es nicht wieder verschwinden und im Wert fallen wird.

Es gibt viele Widerstände, gegen die man da ankämpfen muss. Aber es gibt, Gott sei Dank, auch Menschen, die bereit sind, dagegen anzukämpfen.

Sie tragen aus Überzeugung diese Themen voran und sorgen dafür, dass die Anzahl der Kritiker weniger wird.

Eine große Herausforderung wird auch die Zunahme der Technik sein. Alles wird noch mehr werden und schneller gehen. Wer heute schon sagt, ihm geht das zu schnell, dem kann man nur sagen: „So langsam wie heute wird es nie wieder werden.“

Den Satz habe ich neulich auf einer Veranstaltung von Christoph Keese, dem Autor von „Silicon Valley“, gehört. Ich finde diesen Spruch einfach toll.

Ich glaube, so ist es auch. Und wenn man das realisiert und akzeptiert, dann kann man viel besser damit umgehen. Viele Menschen lieben eben keine Veränderung. 

OME: Die meisten Menschen. 

OLIVER FLASKÄMPER: Die meisten Menschen mögen keine Veränderung. Für manche ist die ganze Woche schon gelaufen, wenn sie morgens auf dem Weg zur Arbeit einmal eine Baustelle haben und die Umleitung fahren müssen. 

Man kann es auch anders sehen und sagen: „Umwege erweitern die Ortskenntnis.“

Ich habe schon viele tolle Lokale kennengelernt, die hätte ich ohne mein Navi, die Umleitung und den Stau nicht gefunden.

Aber es ist immer eine Ansichtssache. Deswegen sage ich: Digitalisierung fängt im Kopf an. Wer im Kopf realisiert hat, dass Daten auch positive Werte haben können, dann ist Digitalisierung auch völlig klar.

Das ist wie ein Aha Erlebnis. Ich hoffe einfach mal, dass immer mehr Menschen in Zukunft dieses Aha Erlebnis haben werden.

Das ist ein ganz wichtiges Thema für uns und wir sollten aufgrund mangelnder Rohstoffe und demnächst sogar mangelnder Menschen alles versuchen, um dieses Thema mit aller Kraft voranzutreiben, damit wir in Zukunft noch eine Perspektive haben.

Zum Thema Deutschland in 25 Jahren könnte ich noch über Flugtaxis, Drohnen und alle möglichen anderen Sachen reden, aber ich glaube, was an neuen Technologien kommen wird, ist recht absehbar.

Das werden Dinge sein, die es jetzt schon gibt, die man einfach nur fortschreibt. 

Ich finde das Thema auf jeden Fall sehr spannend. Ich freue mich auf die Dinge, die kommen werden. 

OME: Du siehst das also sehr positiv?

OLIVER FLASKÄMPER: Ich sehe es eher positiv, wobei natürlich alles auch Schattenseiten hat.

Diese digitale Verarmung zum Beispiel. Einsamkeit ist jetzt schon ein Thema – gerade bei alten Menschen.

In Großbritannien gibt es einen eigenen Minister, der sich nur um das Thema „Einsamkeit“ kümmert, weil das Thema immer größer wird.

In dieser Hinsicht braucht man auch Ideen.

Mein Traum ist, vielleicht irgendwann ein Altenheim zu bauen. Ein bisschen so wie das Denkwerk, mit toller Atmosphäre, alle Generationen gemischt. Quasi ein Generationenhaus 4.0. 

Das alles mit dem Hintergrund, eine Location zu haben, wo man selbst gerne den Lebensabend verbringen würde. 

OME: Das ist doch ein schöner Abschluss für unser Gespräch.

Vielen, vielen Dank, dass du dir so viel Zeit für uns genommen hast.

OLIVER FLASKÄMPER: Gerne, gerne.

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