Ein Interview mit Phillipp Westermeyer

„Wenn du auf dem Laufenden bleiben willst, dann musst du in der Branche leben und viel darüber lesen.“

-Online Marketing Experte Philipp Westermeyer

Onlinemarketingexperten.de im Gespräch mit OMR-Gründer Philipp Westermeyer

Er hat Online Marketing in Deutschland groß gemacht: Philipp Westermeyer. Der OMR-Gründer hält mit seinem Team immer alle über die Branche auf dem Laufenden – ob nun über Artikel, Leitfäden oder seine berühmten Podcasts.

Erfahren Sie mehr über den rasanten Aufstieg des Online Marketing Experten und profitieren Sie von seinen Ratschlägen zum Unternehmertum.

Das Interview mit Phillipp Westermeyer

OME: Beginnen wir doch einfach mal mit einer Eisbrecherfrage: Wann hast du deinen ersten Computer dein Eigen nennen können?

Philipp Westermeyer: Ich bin Baujahr 79. Mein erster PC war, glaube ich, ein IBM-PC XT, das war die langsamere Version. Es gab auch noch die AT-Version. Damals in den Neunzigern waren die PCs aber leider noch nicht für’s Spielen gemacht, also hat dieser Rechner meine Anforderungen nicht ganz erfüllt.

Zwischen Geschenken und erarbeitetem Geld konnte ich mir dann irgendwann einen Amiga 500 mit Farbmonitor leisten. Da ging die Diskette noch in die Tastatur rein.

Und mit dem Computer habe ich dann so richtig losgelegt. Ich habe sehr viele Spiele gespielt. North and South, Olympic Games, Bubble Bobble, Giana Sisters und International Karate Plus… 

So etwas wie eine Bildschirmzeit hatte ich damals nicht. Meine Eltern haben mich viel machen lassen. Ich muss aber auch sagen: Obwohl ich durchaus mal einen Nachmittag durchgespielt habe, kam das eher selten vor. 

Zusätzlich zum Spielen habe ich auch sehr gerne Computerzeitschriften gelesen – zum Beispiel die Power Play. 

Leider ist mir das Ganze zu Abizeiten dann verlorengegangen. Da habe ich den PC hauptsächlich benutzt, um E-Mails zu schreiben. So ein richtiger Vollgas-Nerd war ich also nicht.

OME: Bist du viel von anderen um Computerhilfe geboten worden?

Philipp Westermeyer: Eher weniger. Aber ich habe es relativ früh beruflich gemacht. Mit 19 bin ich im Rahmen eines Auslandssemesters nach New York gegangen und dann für drei Jahre dort geblieben. Da habe ich viele Sachen mit dem Internet gemacht, von Ende der Neunziger bis Anfang der Zweitausender.

So ging das dann bei mir los. Aber ich habe damals eher anwendermäßig gearbeitet und noch keine Businessmodelle gewittert oder so.

Erste Schritte in der Suchmaschinenoptimierung

Über New Economy habe ich zwar gelesen, aber ich war noch zu jung. Also habe ich das eher passiv mitverfolgt. Richtig reingesaugt worden bin ich erst 2004 oder 2005, als die SEO-Welle so richtig anfing, aufzuleben.

Zu dem Zeitpunkt habe ich in Hamburg ein Studium in Medienwissenschaften begonnen. Dann habe ich auch gesehen, dass sogar bei Verlagen SEO ein großes Thema wurde – obwohl viele Mitarbeiter in den Verlagen das gar nicht richtig verstanden haben.

Durch Zufall habe ich über Freunde ganz früh SEO-Leute getroffen, die mir damals im Fitnessstudio ganz beiläufig erklärten, was sie denn mit SEO für ein Geld machen würden.

Da dachte ich mir: Okay, krass, das muss ich mir auch mal angucken. Und so bin ich da reingerutscht. Gegen 2005 hat sich das auch ganz schnell beschleunigt, weil es da mit StudiVZ losging. Da habe ich damals auch meinen ersten Job gehabt, bei Bertelsmann.

OME: Und du bist gleich Vorstandsassistent geworden? Nicht schlecht!

Philipp Westermeyer: Ja, das war ein super Einstiegsjob. Ich habe dort einen guten Überblick bekommen. Auf der einen Seite hatte ich schon Streetskills drauf, konnte also mit SEO selbst ein bisschen Geld machen. Auf der Verlagsseite habe ich dann aber gezeigt bekommen, dass sich die Welt verändert. Es wurde beispielsweise sehr schnell überlegt, ob man StudiVZ kaufen sollte. Das hat mir dann klargemacht, wie groß das ist.

Bei Bertelsmann habe ich auch ein tolles Netzwerk aufgebaut und viele Leute kennengelernt. Ich habe sogar die StudiVZ Gründer getroffen.

Mit Selbstständigkeit zum Erfolg

Das alles hat mir gezeigt, dass ich es gemeinsam mit einem Partner nochmal selber probieren möchte. Ich wollte versuchen, auf Basis dieser Streetskills mit SEO-Seiten und mit Affiliate Marketing ein bisschen hochzukommen. Das hat dann auch ziemlich gut funktioniert, muss ich sagen.

Wir haben bereits gewusst, wie das mit der Monetisierung auf Webseiten funktioniert. Und dann ist uns aber aufgefallen, dass wir das auch anders machen könnten. Dass wir nämlich Banner einkaufen und dann wieder verkaufen können. Restplatzvermarktung hieß das damals.

Dann haben wir ein Restplatzvermarktungssystem aufgebaut, ein Blind Network, und das lief richtig gut. Die Conversions und Klickraten haben gestimmt. Innerhalb von ein paar Wochen und Monaten haben wir unseren Umsatz ordentlich steigern können.

Uns war klar, dass wir da eine Marktlücke entdeckt hatten. Wir wussten aber auch, dass das nicht ewig so gut weitergehen wird. Also haben wir es weiter ausgebaut – und zwei Jahre nach der Gründung konnten wir dieses Unternehmen dann auch schon verkaufen.

Und ich habe verstanden: Okay, so geht das also!

Bei unserem nächsten Vorhaben hatten wir dann richtige Profi-Investoren – und haben wie so viele damals das Retargeting für uns entdeckt.

Mit der Zeit haben mich immer mehr Leute gefragt, ob ich ihnen mit dem Online Marketing helfen kann, weil ich mich doch so gut damit auskenne.

Das erste Seminar

Irgendwann konnte ich aber nicht mehr allen einzeln helfen. Es waren einfach zu viele Anfragen. Also hab ich gesagt: „Ja, Mensch, komm doch mal zu einem Seminar!“

Dann habe ich über einen längeren Zeitraum 20 bis 30 Leute gesammelt, die mich gefragt hatten, und habe für sie ein dreitägiges Seminar abgehalten.

Damit waren alle happy. Ich habe drei Tage lang erklärt, wie eigentlich SEO geht und Banner Advertising und auch Affiliate Marketing. Und alle wollten sie eigentlich nochmal wiederkommen.

Das habe ich ungefähr ein Jahr so gemacht und währenddessen fünf oder sechs Seminare mit jeweils circa 30 Teilnehmern geführt.

Alle haben sie die gleiche Frage gestellt: Gibt es einen Aufbaukurs? Gibt es nochmal ein Get-Together?

OMR: Eine wachsende Marke

Daraufhin habe ich dann die erste OMR-Konferenz ins Leben gerufen. Das war mehr so als eine Art Aufbau für meine Seminarteilnehmer gedacht. 

Aber es gefiel den Leuten sehr und jedes Jahr kamen mehr. Letztes Jahr hatten wir bei unserem OMR Festival rund 52.000 Besucher.

OME: Spannend, dass das so angefangen hat. Und international ist es ja mittlerweile auch geworden.

Philipp Westermeyer: Das ist es. Aber es war auch eine lange Reise. Die erste Konferenz war 2011, das ist jetzt fast zehn Jahre her.

Wir sind auf einer riesigen Welle mitgeritten. Als wir angefangen haben, hat sich Facebook gerade erst etabliert.

Damals konnte man den Leuten noch mit den einfachsten Tricks helfen. Viele meiner Seminarteilnehmer konnten ziemlich wohlhabend werden mit dem Wissen, das sie gewonnen haben.

Das ist heute natürlich nicht mehr so. Es ist alles viel komplexer geworden. Wenn du heute SEO-Tipps gibst, sind die natürlich auch wertvoll, aber du kannst mit ihnen nicht mehr das schnelle Geld machen.

Ich glaube, wir haben uns sehr gut angepasst. Wir haben die Chancen genutzt. Aber wir hatten mit Facebook und Google auch diese riesige Welle, die uns getragen hat.

OME: Und inzwischen hast du einer Reihe an sehr, sehr namhaften Persönlichkeiten die Hand schütteln, mit ihnen Podcasts machen und sie interviewen können. Du hast es wirklich geschafft.

Philipp Westermeyer: Ja, das ist irgendwie Teil des Jobs geworden. Es war ja nicht von Anfang an klar, wo die Reise hingeht.

Ich glaube aber auch, das gehört dazu in der heutigen Marketing-Welt: Influencer und Personal Branding sind sehr wichtig.

Vor zehn Jahren war das noch nicht so. Aber jetzt machen wir das Beste draus.

OME: Apropos Brand: Wie würdest du OMR beschreiben?

Philipp Westermeyer: Wir sehen uns als Medienunternehmen unter der Marke „OMR“. Und da gehört im Grunde alles mit dazu: Live-Events, Seminare, Studien, Podcast, Artikel, Newsletter et cetera.

Wir haben ein ganzes Portfolio an Medienprodukten. Aber fertig sind wir nicht – natürlich wollen wir das weiter ausbauen.

Überraschend zum Experten geworden

OME: Ihr habt ja auch noch viel Potenzial. Was war denn das erste Mal, dass du dieses Potenzial bemerkt hast? Also, dass du deine Arbeit monetisieren kannst, oder dass andere dich als Experten ansehen?

Philipp Westermeyer: Ich war sehr überrascht, wie schnell ich als Experte angesehen wurde. Bei diesem Thema zumindest.

Mein Bruder ist Arzt. Der hat die Jahre, die ich im Online Marketing war, studiert und praktiziert. Und nach 15 Jahren ist er jetzt Experte für seinen Fachbereich.

Ich hingegen habe einfach angefangen, Seminare zu machen. Für die 20 bis 30 Teilnehmer war ich dann automatisch Experte. Und zwar im ganzen SEO-Bereich. Sie kannten ja nur mich.

Nach den ersten paar Seminaren wurde ich dann auch von Leuten kontaktiert, die an mich verwiesen wurde. Die hatten gehört, dass ich Experte war. Manche wollten meine Hilfe, und manche wollten sogar meine Expertenmeinung für einen Artikel.

Aber es ist unglaublich, wie schnell man heute in der entsprechenden Position als Experte wahrgenommen wird. Über die Konferenz hat sich das für mich nochmal ungemein beschleunigt.

Es gibt wahrscheinlich Leute, die glauben, ich würde echt alles über Digitalmarketing wissen. Und das ist leider nicht der Fall.

Natürlich spreche ich mit vielen Leuten und habe daher einen guten Überblick, der es mir erlaubt, fachlich gute Gespräche zu führen. Aber da besteht ein Unterschied.

Änderungen in der SEO-Szene

Niemand kann heute mehr alles wissen. SEO ist sehr kompliziert geworden, weil es einfach so viele Themen gibt, zu denen man etwas wissen könnte. Und es kommen immer neue Bereiche dazu! Voice Searches, Influencer Marketing… 

Heutzutage ist es lediglich möglich, einen Überblick zu haben. Zusätzlich dazu braucht man dann ein gutes Netzwerk und Erfahrung. Das habe ich jetzt alles. Aber natürlich kann ich nicht in allen Themen tief drinstecken.

Es ist eine ziemliche Reise. Man kann ganz plötzlich zum Experten gemacht werden – und wehren tut man sich natürlich nicht. Aber ich hatte nie den Moment, in dem ich dachte: „Krass, ich weiß ja mehr als andere.“

Ich bin außerdem kein Techniker. Ich weiß nie mehr als die Entwickler. Und es gibt immer jemanden, der früher angefangen hat.

Ich habe nichts Neues erfunden. Aber ich bin immer mit offenem Auge durch die Welt gegangen und habe dadurch viel gelernt. So wie damals im Fitnessstudio.

Die Marke „Philipp Westermeyer“

OME: Wirst du denn auch außerhalb der SEO-Szene wahrgenommen? Von außen siehst du ja wie eine echte Hamburger Größe aus.

Philipp Westermeyer: (lacht) Also, Hamburger Größe… da gibt es ein breites Spektrum. Ich bin jetzt bei Weitem keine Kiezgröße.

Aber klar: Wenn man hier in der Stadt ein Event mit so vielen Leuten macht, dann wird man natürlich wahrgenommen. Das ist einfach so. Da kann man sich auch nicht verstecken.

Wir machen etwas sehr Transparentes, sehr Öffentliches. Ich strenge mich nicht an, Bekanntheit zu erzielen – die ergibt sich einfach so. Und die ist auch wichtig für’s Geschäft.

Wenn die Leute einen kennen, dann hilft das. Schließlich gebe ich ja der Marke ein Gesicht – ob jetzt als Gastgeber bei einer Messe oder im Podcast. Das ist bei Medien immer schon so gewesen: Besondere Chefredakteure oder Herausgeber haben ihre Publikationen sehr stark geprägt.

Bei uns ist das auch so. Und das finde ich okay, denn es ist Teil des Jobs. Aber ich habe es nicht darauf angelegt, eine Personal Brand zu werden, berühmt zu werden. Eine gewisse Öffentlichkeit gehört einfach dazu.

OME: Das stimmt natürlich. Es klingt aber trotzdem aufwendig. Was würdest du sagen – wie viel Zeit verbringst du am Tag vor dem Bildschirm?

Philipp Westermeyer: Vielleicht so fünf Stunden? Und das, obwohl ich Hilfe habe. Ich habe einen Kollegen, der mir ein bisschen hilft – aber am Tag sind das 30 bis 50 Mails, die ich schreibe oder beantworte.

Zusätzlich dazu läuft bei uns intern viel über WhatsApp. Da kommen also nochmal zwischen 50 und 100 Nachrichten dazu.

OME: Das ist wirklich eine Menge. 

Was im Online Marketing auch immer sehr interessant ist, sind Lebensläufe. Deiner sieht von außen sehr glatt aus. Alles gerade. Du hast früh einen tollen Job bekommen, früh gegründet, profitabel verkauft…

Auch aus Fehlern kann man lernen

Hattest du irgendwelche Learnings, die du teilen möchtest? Wo einmal etwas nicht so toll funktioniert hat?

Philipp Westermeyer: Ja, verschiedene. Ich war beispielsweise einmal Geschäftsführer und habe eine sechsstellige Summe investiert – bis heute ist das für mich viel Geld.

Ich hatte ein Startup entdeckt, das ich mit aufbauen wollte. Nicht nur als Investor, sondern auch als Geschäftsführer. Polaboy hieß das, die haben beleuchtete Bilderrahmen hergestellt.

Die waren im Highend Interior Design-Bereich – und sie sahen echt cool aus. Für die habe ich echt gekämpft. Wir waren auf einer Interior Design-Messe in Paris. Ich habe in London Pitches gemacht und bin dort mit riesigen Rahmen im Gepäck in Jugendherbergen untergekommen…

Am Ende hat das nicht funktioniert. Die Logistik hat einfach nicht funktioniert. Große beleuchtete Bilderrahmen durch die Welt zu schicken ist wirklich teuer.

In dem Unterfangen habe ich viel Geld verloren. Aber ich habe auch gelernt, wie schwierig E-Commerce eigentlich ist. Man muss ein haptisches Produkt erzeugen und Lizenzen bekommen, damit man es weltweit vertreiben darf… 

Das Produkt war echt geil, aber die Infrastruktur war einfach nicht da.

Seitdem weiß ich es erst recht zu schätzen, wie toll es ist, digitale Produkte zu verkaufen. Affiliate Marketing beispielsweise ist im Vergleich viel einfacher.

Auch sonst habe ich hin und wieder Rückschläge, keine Frage. Aber bis jetzt – Gott sei Dank – keine fundamentalen.

Durch Erfahrung widerstandsfähiger

Zukunftsprognosen vom Online Marketing Experten

Philipp Westermeyer: Also ich denke auf jeden Fall, dass die Politik sich involvieren sollte – und das so schnell wie möglich. Es werden so viele neue Sachen erfunden, da ist vernünftige Regulierung unbedingt notwendig.

Ein Szenario, was ich mir vorstellen kann, ist, dass man sich bei Online-Plattformen klarer registrieren muss. Ich kann mir wirklich vorstellen, dass das passieren wird.

Dann kann nachvollzogen werden, wer was gesagt hat – es nimmt Trollen die Macht, anonym Leute zu drangsalieren.

Im Grunde ist das nur eine weitere Verschmelzung von on- und offline. Das wird einfach. Ich müsste mich dann als Philipp Westermeyer bei Facebook und anderen Plattformen anmelden und würde auch unter dem Namen kommentieren. So können Hass und Hetze eingedämmt werden.

Gleichzeitig würde das auch wirtschaftliche Vorteile haben, denn du kannst sofort alles bezahlen, weil du sofort zugeordnet werden kannst. Mein Gefühl ist, dass das wirklich einige Probleme lösen könnte.

OME: Denkst du denn, dass wir von Science Fiction-Filmen lernen könnten?

Philipp Westermeyer: Davon bin ich nicht wirklich überzeugt. Klar können von solchen Sachen Inspirationen kommen. Aber ich sehe das nicht so richtig. Jetzt gerade reden wieder alle über Steuerung per Brille oder Linse. 

Ich bin einfach kein Zukunftsforscher, also sagt mir das nicht besonders viel. Zwei meiner Freunde sind im Bereich der Innovationsforschung und halten auch Vorträge. Die gucke ich mir zwar an, aber meine Expertise ist nicht groß genug, um mich an ernsthaften Diskussionen zu beteiligen.

Meinungen zum deutschen Arbeitsmarkt

OME: Auch, wenn du kein Zukunftsforscher bist – hast du eine Voraussage dafür, wie es in Zukunft in Deutschland aussehen wird? Wird Amazon zerschlagen oder Ähnliches?

Philipp Westermeyer: (lacht) Vielleicht wird Amazon zerschlagen, vielleicht trennt es sich auch freiwillig auf – aber selbst, wenn das passiert, glaube ich nicht, dass sich da groß was ändert. 

Für Deutschland ist die Frage erst einmal egal, meiner Meinung nach. B2C war Deutschland noch nie so richtig stark, außer bei Automarken. International ist Deutschland im B2C-Markt in den letzten Jahrzehnten nicht riesig gewesen.

Viel interessanter fände ich, wie es in der Zukunft auf dem B2B-Markt in Deutschland aussehen wird. Nehmen wir die Automobilindustrie oder vielleicht auch die Pharmaindustrie: Was passiert mit den Zulieferern? Schaffen die die Digitalisierung? Können die sich am Markt behaupten?

Es glaube, es sieht nicht schlecht aus. Im Silicon Valley sehe ich gerade keine riesigen Konkurrenten, die aufsteigen.

Meiner Meinung nach ist das der Knotenpunkt, B2B. Ob jetzt ein deutscher Verlag groß oder klein ist, ist wirtschaftlich für das Land erstmal egal. Gesellschaftlich ist das signifikant, aber das ist einfach eine komplett andere Frage.

Die 7.000 Arbeitsplätze, die bei Axel Springer über die letzten Jahre verloren gegangen sind, können leichter verkraftet werden als mehrere hunderttausend, die wegfallen könnten, wenn Deutschland in der Produktion von Elektroautos abgehängt wird. Toll ist es zwar nicht, aber für die deutsche Wirtschaft ist es nicht katastrophal.

Der zukünftige Weg von OMR

OME: Es ist trotzdem ein ernüchternder Gedanke. Vielleicht können wir ja auf etwas Positiverem enden – was sind deine Ideen? Wo siehst du OMR in der Zukunft?

Philipp Westermeyer: Das ist eine gute Frage. Aber ich kann sie gar nicht so einfach beantworten. Schließlich bin ich nicht mehr alleine – das OMR-Team umfasst mittlerweile 110 Leute.

Einige von denen sind Redakteure, die den ganzen Tag Trends beobachten, lesen, recherchieren – und dann die richtigen Fragen stellen. Ich stelle ja selber viele Fragen in Podcasts. Da kommen viele Ideen her.

Im Kontakt mit Leuten habe ich öfter Momente, in denen mir ein Licht aufgeht und ich mir denke „ach, so ist das also!“. Es ist sehr wertvoll, von den Experten First Hand etwas erklärt zu bekommen. Da gewinne ich viel Input.

Und dann lese ich auch wirklich viel. Ich lese gerne Zeitung, ich lese viel bei Twitter, ich schicke mir mit zig Freunden in WhatsApp-Gruppen Dinge hin und her. Und wenn ich abends auf dem Sofa liege, dann lese ich auch keinen Roman, sondern etwas Fachliches. Weil es mich einfach interessiert.

Das hilft dann über die Jahre schon, weil es das Wissen auffrischt. Manchmal versuche ich, etwas anderes zu lesen. Aber ich komme immer wieder zur Fachliteratur zurück.

OME: Also der Online Marketing Experte bleibt Experte, indem er sich weiterhin Wissen aneignet und recherchiert, weil der das Thema einfach geil findet.

Philipp Westermeyer: Ja, absolut. Wenn ich nach dem ersten Seminar aufgehört hätte, das Geschehen zu verfolgen, dann wäre ich jetzt komplett raus. Mit dem Wissen von 2008 kannst du heute nichts mehr reißen – dir vielleicht sogar schaden.

Wenn du den Leuten das Wissen heute verkaufen würdest, würdest du Beschwerden kriegen. Und die Leute werden ihr Geld zurückfordern. Weil sich die Branche einfach so stark geändert hat.

Wenn du auf dem Laufenden bleiben willst, dann musst du in der Branche leben und viel darüber lesen.

Aller Anfang ist schwer, aber wichtig

OME: Welche Tipps hast du denn für Leute, die im Online Marketing loslegen wollen?

Philipp Westermeyer: Wichtig ist erstmal, dass man etwas macht. Das ist an unserer Branche das Schöne: Du kannst relativ einfach loslegen. 

Ich glaube auch, dass man erstmal keine großen Glaubenssätze braucht, solange man nur anfängt. Ich bin auch so ein Typ, ich mache viel Learning by Doing. Trial und Error.

Viele Leute nehmen sich heute nicht die Zeit dafür oder haben nicht den Mut. Das ist viel zu sehr behaftet mit Scheu und Scham.

Aber anzufangen ist das Entscheidendste. Ich kann nur alle aufrufen: Tu das Ding, das du tun willst!

Ich hatte auch von Podcasts keine Ahnung. Ich habe durch Zufall beim Kinderwagenschieben welche gehört und dachte: Ich mach einfach mal selber einen. Und jetzt bin ich in Deutschland der Podcastexperte. Unser OMR Podcast hat z.B. rund 50.000 Hörer. 

OME: Du wirst überall schnell zum Experten.

Philipp Westermeyer: Ohne, dass ich es jetzt drauf anlege. Aber ich probiere viel Neues. Wenn man früh genug irgendwo einsteigt, dann passiert das leicht.

Vor ein paar Jahren hätte man sehr schnell Bitcoin Experte werden können, wenn man nur selber ein bisschen gehandelt hätte.

Es hilft immer, sich Märkte anzuschauen, die Rückenwind haben. Heute solltest du keine Zeitschrift launchen, da gibt es keinen Aufschwung mehr.

Man sollte sich etwas suchen, das noch im Kommen ist oder sich gerade neu großer Popularität erfreut. Da hat man die besten Chancen auf Erfolg.

OME: Klasse. Da können wir ja auf einem positiven Punkt enden. Vielen Dank, dass du dir Zeit für uns genommen hast.

Philipp Westermeyer: Gerne!

Schreibe einen Kommentar