„Online Marketing an sich ist viel zu breit, um in einen Schädel zu passen. Du brauchst Experten für die einzelnen Unterdisziplinen. Erst dann sind es wirklich Experten.“
– Stephan Sperling
OnlineMarketingExperten.de zu Gast bei Netzstrategen
Stephan Sperling ist als Google- und Handels-Stratege bei der digitalen Unternehmensberatung Netzstrategen ein wahrer Experte für Online Marketing und Google AdWords. Weitere Spezialgebiete des Experten sind der lokale Einzelhandel und eCommerce.
Wir durften Stephan Sperling in der Agentur in Karlsruhe besuchen und ihm zahlreiche Fragen stellen. Wie immer stellen wir Ihnen das vollständige Interview hier bei OnlineMarketingExperten.de bereit.

Experte Stephan Sperling im Interview
OME: Mit wem haben wir es heute hier zu tun? Stell dich doch erst Mal ein bisschen vor und erzähle was zu dir, beispielsweise: Wie bist du zu deinem ersten Computer gekommen?
STEPHAN SPERLING: Hallo, mein Name ist Stephan Sperling, ich bin einer von rund 35 Netzstrategen, Stratege der ersten Stunde und bin hier im Unternehmen einerseits Prokurist, hauptsächlich aber der Experte für das Thema „eCommerce“.
Ich kenne mich auch in einigen Google Feldern, also Google Ads, My Business, Merchant Center und Ähnlichem, gut aus.
Vor allem sind das eCommerce und der Handelsbereich meine Themen und Baustellen. Dabei übernehme ich eine Doppelrolle aus Projektmanagement und eCommerce Experte.
Die Anfänge des Online Marketing Experten
Mein erster Computer war gar nicht mein eigener, sondern der meiner Eltern.
Meine Eltern waren beide in Vereinen aktiv. Meine Mutter war Schriftführerin und hat, weil sie viele Einladungen und Jahresberichte schreiben musste, vom Verein einen Computer bezahlt bekommen, damit sie nicht mehr alles auf der Schreibmaschine tippen musste.
Damals hat man noch Kohlepapier und sieben Durchschläge verwendet, um die Einladung zur nächsten Vorstandssitzung nicht sieben Mal tippen zu müssen.
Das war tatsächlich der erste Computer, der bei uns stand. Da war ich ungefähr 12 Jahre.
Wir waren bei uns im Dorf in dem bayerischen Wald so ziemlich die ersten, die überhaupt so ein Gerät zu Hause hatten. Darauf haben wir dann Spiele gespielt, „Winterolympiade“ zum Beispiel.
OME: Weißt du noch, was für ein Computer das war?
STEPHAN SPERLING: Das weiß ich leider nicht mehr.
Ich glaube, er hatte um die 100MB Arbeitsspeicher.
OME: Und daraus ist dann die Begeisterung für Spiele und vielleicht auch die Begeisterung für die Optimierung von Spielen entstanden?
STEPHAN SPERLING: Nein, damit ging es erst in der Schule los. Dort hat man zum Beispiel Referate auf dem Computer vorbereitet Sachen ausgedruckt.
OME: War die Schule gut oder schlecht ausgestattet?
STEPHAN SPERLING: Es gab einen Computerraum, aber mein Schulleiter am Gymnasium hat damals gesagt: „Sie müssen nicht tippen können, Sie sind Gymnasiasten, Sie sind später keine Sekretärin.“
Das war eine krasse Fehleinschätzung.
Mein Vater war damals Beamter und ist jetzt in Rente. Ich habe da aber noch ein typisches Bild vor Augen.
Er saß früher, wenn er vom Außendienst Heim kam, noch 20 Minuten im Auto und hat seine Protokolle des Tages in das Diktiergerät gesprochen.
Am nächsten Tag hat er die Aufnahme in die Schreibkanzlei gegeben. Dort saßen meistens Frauen, die das dann abgetippt haben.
Mein Vater hat lange gesagt, er will keinen Computer mehr, bis er in Rente geht. Da hatte er natürlich keine Chance.
OME: Heute hat er wahrscheinlich sogar ein Smartphone.
STEPHAN SPERLING: Genau.
Die Schreibkanzlei war sehr schnell weg, der Computer stand sehr schnell auf seinem Tisch und heute bucht er auch seine Reisen online und ist da ganz normal zu Hause.
Aber ich glaube, das lag auch an uns Kindern. Wir haben das auch gefordert und gefördert, denn wir wollten ins Internet.
Der erste Internetanschluss lief damals noch über die Telekom. Da konnte man noch nichts anklicken. Stattdessen hat man mit Sternchen, 53, Raute, navigiert.
In der Schule war ich der klassische Schülersprecher- und Klassensprechertyp. Ich habe die Schülerzeitung gemacht und war dabei auch viel am Computer, um das Layout für die Schülerzeitung zu basteln.
So bin ich zur Arbeit mit dem Computer gekommen.
OME: Die Schülerzeitung war dann schon der erste Ansatz deiner Agenturarbeit?
STEPHAN SPERLING: Ja, genau. So habe ich das noch nie gesehen, aber es stimmt. Auch da muss man viele Sachen gleichzeitig machen und sich um viele Dinge kümmern.
Experte Stephan Sperling über seine Online Marketing Agentur Netzstrategen
OME: Du bist jetzt seit vier Jahren ein Google und Projektstratege bei Netzstrategen. Was steckt hinter Netzstrategen?
Stephan Sperling: Also den Netzstrategen gibt es im nächsten Jahr seit zehn Jahren.
Wir sind 35 Leute. Es könnten wahrscheinlich sehr viel mehr sein, aber wir wollen nicht unendlich schnell unendlich groß werden.
Das sind zwei ganz wichtige Stellschrauben, die wir selbst in der Hand haben.
Tatsächlich haben wir im letzten Jahr bestimmt 60 bis 70 Prozent aller Projektanfragen abgelehnt, weil wir es einfach nicht leisten können. Das ist ein sehr großes Luxusproblem.
Auf der anderen Seite musst du natürlich aufpassen, wie das am Markt wahrgenommen wird, wenn du immer nur „Nein“ sagst.
Wir sagen immer, wir wollen die Dinge, die wir tun, richtig und gut machen. Das kombinieren wir damit, dass wir nicht unendlich schnell wachsen wollen und können, weil es gar nicht so viele gute Leute gibt.
Das ist zumindest unsere Erfahrung an den Standorten, an denen wir aktiv sind
Uns ist wichtiger, dass alle, die hier arbeiten, gerne hierher kommen und das Team passt. Fast alle, die hier arbeiten, haben schon in großen Firmen gearbeitet und wollten das bewusst nicht mehr.
Ich glaube, wenn wir irgendwann 100 Mann wären, wären viele von den guten Leuten ganz schnell wieder weg.
Ich selbst sage immer: „Sobald es bei uns eine Personalabteilung gibt, bin ich weg.“ Das ist so mein Gradmesser. Wenn wir die brauchen, dann war es das für mich. Dann bin ich raus.
Das hören Personaler natürlich nicht so gerne, aber es ist so.
Vor zehn Jahren haben wir klein angefangen und sind dann einfach so stetig gewachsen.
OME: Was war der Erfolg, der euch so schnell so groß gemacht hat?
STEPHAN SPERLING: Eines ist eine glückliche Fügung gewesen: Wir sehen uns weniger als Online Marketing Agentur, sondern in erster Linie als Strategieberater. Das ist der erste Punkt.
Uns unterscheidet auch von anderen, dass wir nichts machen, wovon wir nicht überzeugt sind. Wir widersprechen ganz viel und wir lehnen auch aktiv Aufträge ab.
Das steht in unseren Unternehmenswerten und das sagen wir auch jedem Kunden.
Wenn ein Kunden zu uns kommt und sagt: „Ich will das haben.“, dann sagen wir: „Warum willst du das haben?“ und „Ist das überhaupt das richtige für dich oder wäre nicht was anderes viel schlauer?“
Das ist für viele erst einmal ungewohnt und irritierend, aber das hat uns den Ruf verpasst, dass wir eben nicht einfach nur machen und Projekte als Projekte betrachten.
Deswegen ist meine Bezeichnung als Projektmanager eigentlich auch falsch. Mit fast allen Kunden, die wir inzwischen über Jahre begleiten, sind wir praktisch in die Projekte reingewachsen und größer geworden.
Mein Lieblingsbeispiel ist der Michael, einer unserer allerersten Kunden, mit dem wir heute immer noch sehr intensiv zusammenarbeiten.
Wir haben damals für ihn eine ganz einfache Webvisitenkarte gebaut. Heute hat er einen großen, sehr erfolgreichen Online Shop für Gartenmöbel.
Das ist über die Jahre so gewachsen und wir sind praktisch mit unseren Kunden im Laufe der Jahre auch gewachsen, sodass wir gar nicht so viel Vertrieb gebraucht haben.
Was ich eigentlich sagen wollte, ist, dass wir uns immer als Strategieberatung gesehen haben.
Ich mache immer diesen Witz, dass Strategieberater ein großes Problem haben. Die entwickeln geile Konzepte, die liefern schöne PowerPoints, aber wenn es um die Umsetzung geht, dann rennen sie so schnell sie können, weil sie lieber nichts zu tun haben wollen.
Das ist das Problem bei Beratern, die oft wenig tatsächliche Praxiserfahrung haben.
Wir hatten – und das war auch ein bisschen Glück – am Anfang auch Kunden, die aus der Beratung heraus gesagt haben: „Geiles Konzept, aber ihr macht das jetzt auch.“
Die haben uns praktisch in die Haftung genommen und gesagt: „Das habt ihr euch gut überlegt, aber wir müssen das jetzt gemeinsam umsetzen.“
OME: Also ihr beratet euren Kunden nicht nur, sondern bietet ihm dann auch noch die Umsetzung an?
STEPHAN SPERLING: Genau, oder die Begleitung der Umsetzung.
Es gibt auch Kunden, die Inhouse Leute oder eine favorisierte Agentur haben, die das dann umsetzen. Dann bleiben wir aber mit im Boot. Wir begleiten das Projekt weiter und achten darauf, dass es dann am Ende auch so umgesetzt wird, wie wir uns das ursprünglich gedacht haben.
Da gibt es unterwegs viele Abzweigungen, die man nehmen kann.
Die Messe Karlsruhe ist zum Beispiel ein Kunde von uns, mit dem wir das intensiv gemacht haben. Wir haben die technische Umsetzung nicht selbst gemacht, aber sehr intensiv begleitet, um sicherzustellen, dass am Ende auch das Ergebnis dabei herauskommt, was erwartet wurde.
Es macht auch einen Unterschied, dass wir keinen Vertrieb haben, sondern jeder von uns Experte auf allen zwei bis drei Gebieten ist.
Wir sagen auch immer: „Wir sind ein Haufen von Experten.“ Und jeder kommt ins Spiel, wenn es gerade relevant wird.
Also wenn ich für ein eCommerce Projekt jemanden zum Thema „SEO“ brauche, dann hole ich mir zum Beispiel Lena dazu, die sich dann intensiv um das Thema „SEO“ kümmert. Wenn ich jemanden für Social Media brauche, gehe ich zu Konstantin.
Und die Leute, die hier arbeiten, sind praktisch sowohl Berater als auch Umsetzer, als auch Trainer. Das verlangen wir von allen, die hier arbeiten.
So finden die Netzstrategen Nachwuchs Online Marketing Experten
OME: Wie schafft ihr das, so junge Leute zu bekommen, die diese ganzen Skills haben, und die dann auch zu honorieren? Oder bringt ihr denen das dann auch bei? Wie stellt ihr sicher, dass die auch eure Standards einhalten?
STEPHAN SPERLING: Dafür haben wir keinen festen Prozess. Wir nehmen die Neuen einfach mit, sodass sie mit erfahreneren Leuten unterwegs sind, sich alles anschauen und anhören.
Wir haben einen umfangreichen Onboarding Prozess für neue Kollegen, der über ein paar Monate läuft, wo wir sehr genau festgelegt haben, in welcher Woche was wie gemacht wird.
Wobei da das Thema „Training“ eine kleinere Rolle spielt als ein sehr intensiver Austausch, damit Neue schnell merken, wie wir ticken, was wir tun, was wir nicht tun und wie wir beraten.
Das ist meistens ein Lernprozess, den wir aber versuchen ein bisschen zu strukturieren und zu standardisieren.
OME: Wie ist das bei euch mit Praktikanten?
STEPHAN SPERLING: Praktikanten haben wir praktisch gar nicht. Das tut uns immer ein bisschen leid.
OME: Weil ihr viele Bewerbungen bekommt?
STEPHAN SPERLING: Ja, und weil es auch eine Chance für die Praktikanten ist. Aber das ist die Kehrseite unserer ziemlich hohen Auslastung. Wir haben selten Zeit für Praktikanten.
Gerade im Agenturgeschäft laufen ja beispielsweise viele Online Marketing Agenturen auf Basis von Praktikanten. Das machen wir gar nicht.
Wir haben natürlich entsprechende Preise. Unsere Agenturleistungen sind sicher relativ teuer im Vergleich zu manch anderen Agenturen.
Aber da ist unser Geschäftsmodell auch wieder ein bisschen anders.
Ich weiß nicht, ob es dir auf unserer Webseite aufgefallen ist. Auf der Startseite steht ganz oben: Wir machen euch digital handlungsfähig.
Unser Ziel ist es also, beim Kunden Mitarbeiter zu Experten zu machen, damit sie gar keine Agentur brauchen. Das heißt, wir bilden dort Leute aus, die sich um die Google Ads kümmern.
Das ist dann ein Prozess von ein paar Monaten, mit einer intensiven Begleitung. Dann wird es lockerer bis man merkt, dass sie alleine laufen können und uns nicht mehr brauchen.
Dadurch haben wir dieses Agenturthema ausgehebelt. Wir sehen uns mehr als diejenigen, die das Wissen transferieren und Leute zu Experten machen.
Wir lehnen zum Beispiel auch Kunden ab, die sagen: „Ich will niemanden einstellen, der Online Marketing macht.“
Dann sagen wir: „Das Thema ist so wichtig für dich, du solltest jemanden haben, der zumindest so fit ist, dass er eine Online Marketing Agentur ordentlich steuern kann.“
Das ist auch oft das Problem, dass die Leute keine Ahnung haben, wie sie eine Google Ads Agentur sinnvoll steuern und unter Kontrolle halten. Dann passieren wilde Dinge.
Deshalb ist es unser Ansatz, Leute zumindest so fit in Online Marketing zu machen, dass sie sehr genau im Blick behalten können, was die Agentur da treibt.
Im Idealfall können sie dann ihre Ads direkt Inhouse machen.
Das ist eine Hassliebe. Ich glaube, andere Online Marketing Agenturen finden das nicht so gut. Sie sagen eher: „Das könnt ihr doch nicht machen. Ihr müsst doch Abhängigkeiten aufbauen.“
Wir sehen es genau andersherum. Wir sagen: „Nein, wir machen die handlungsfähig.“ Das Thema „digital“ ändert sich so schnell und rasant, dass wir trotzdem in 90% der Fälle einen gemeinsamen Weg gehen.
Die rufen mich nach einem halben Jahr an und sagen: „Stephan, gibt es jetzt bei Google Shopping irgendwas neues, kannst du mir das mal erklären?“
Und dann geht es in die nächste Phase und ins nächste Level.
Und dazwischen können die ein paar Monate alleine laufen und selbst an ihrem Erfolg arbeiten. Wir agieren mehr als Partner.
Das ist der Grund, warum wir so gewachsen sind.
Und wie gesagt, wir hätten viel mehr Leute einstellen können. Von der Projektseite her wäre das kein Thema gewesen, aber du musst die Leute finden, die da reinpassen, ein sehr hohes Maß an Eigenverantwortung haben und sich selbst die Themen und die Arbeit suchen.
Die findest du nicht, wie Sand am Meer und das ist der limitierte Faktor, was uns aber überhaupt nicht stresst.

So läuft eine Zusammenarbeit mit den Online Marketing Experten von Netzstrategen ab
OME: Wie läuft denn eine Beratung bei euch ab?
STEPHAN SPERLING: Wir machen meistens erst einmal eine oder mehrere Analysen.
OME: Aber nicht kostenlos, oder?
STEPHAN SPERLING: Nein, das ist bezahlt. Wir machen meistens ein kostenloses Kennenlernen, um sich grundsätzlich kennenzulernen. Darauf legen wir viel Wert.
Wir müssen das Gefühl haben, dass die Chemie stimmt. Wenn wir schon von Anfang an das Gefühl haben, dass wir nicht zusammen passen, dann lassen wir das auch bleiben.
Zum Glück haben wir das von Anfang an so gemacht. Natürlich haben auch wir uns schon mal in einem Kunden getäuscht. Das ist dann halt so.
Es ist aber auch nicht schlimm, von denen trennen wir uns dann auch.
Wir machen jedes Jahr eine Aufräumsession und gucken: „Mit welchem Kunden sollten wir uns lieber nicht weiter befassen?“
Wir suchen dann auch die aktive Trennung und beenden die Beziehung. Das passiert ein bis zwei Mal im Jahr vielleicht, aber das Recht nehmen wir uns sozusagen heraus, um dann mehr Energie, mehr Ressourcen für die Kunden zu haben, die halt vorwärts kommen wollen und von denen wir wissen: „Hey, da geht was.“
Meistens sind das Kunden, bei denen trotz Beratung und mehrjähriger Zusammenarbeit komplett die Perspektive fehlt.
Ich habe einen Kunden, von dem wir uns gerade trennen, weil wir merken, dass er nicht verarbeiten kann, was gerade passiert und wie wichtig das ist.
Er ruft dann an und fragt, ob er einen neuen Button auf der Webseite haben kann, aber das löst seine Probleme nicht.
Offensichtlich kann oder will er es nicht verstehen, oder wir sind nicht in der Lage, ihm das zu erläutern.
Letztendlich kommen wir dann an den Punkt, an dem wir die Zusammenarbeit beenden. Dann freuen wir uns, weil wir Zeit frei haben, um uns um sinnvollere Projekte zu kümmern.
Da sehen wir viel mehr Potenzial bei einem Kunden, der Gas geben und vorwärts kommen will.
OME: Kann man bei euch auch grobe Trendthemen erkennen, die viele Kunden zur gleichen Zeit haben wollten?
STEPHAN SPERLING: Nein, gerade das Thema „Google“ zieht sich schon, seit ich in dem Bereich arbeite. Sowohl organisch als auch paid, aber wir haben es auch immer forciert.
Ich habe zum ersten Mal 2003Google Ads gemacht, während des Studiums. Damals kam es gerade nach Deutschland und ich habe sozusagen direkt angefangen.
Ich habe ein duales Studium bei einer Tochter vom wissenschaftlichen Springer in München gemacht und damals schon die ersten Online Shops, die die gebaut haben, als Projekt mitbetreut.
2003/ 2004 war ich mit dem Studium fertig, also bin ich 2003 zum ersten Mal in dieses eCommerce Thema eingetaucht.
OME: Also hast du direkt nach dem Abi angefangen zu studieren?
STEPHAN SPERLING: Ja, genau. Ich habe direkt nach dem Abi angefangen. Ich habe mich um die Bundeswehr ein bisschen herum gemogelt und Katastrophenschutzdienst in der Feuerwehr gemacht.
Sie haben mich praktisch rausgelassen. Ich habe mit dem 18. Geburtstag dort angefangen habe, war aber natürlich noch nicht mit dem Abi fertig. Ich bin dann aber nach Ravensburg zum Studium gegangen.
Nachdem ich dann aber nach den Jahren schon so viele Stunden aufgebaut hatte, haben sie gesagt: „Die letzten Jahre schenken wir dir. Geh‘ studieren und mach‘ was draus.“
Die haben mich da nicht fest gebunden. Das war wirklich gut.
Im Verlag hatte ich damals einen sehr coolen Geschäftsführer, der nicht aus der Verlagsbranche kam. Das war ganz wichtig. Er war Experte für das Thema Transportlogistik und Führerschein und er war damals schon wahnsinnig innovativ.
Die haben damals das erste Fragenbogentraining für die Fahrschulen auf den Blackberry Palm Handhelds gemacht.
Sie haben die Geräte an die Fahrschulen vermietet, damit die die Ihren Fahrschülern geben können.
Dann kam das Thema „Google Books“ auf. Google hat angefangen, die Bibliotheken dieser Welt zu scannen, und durch die Verlagswelt ging ein riesiger Aufschrei.
Aber unser Verlagsleiter stand bei mir im Büro und hat gesagt: „Stephan, pack‘ eine Palette im Lager mit allen Büchern und schick‘ die nach Irland, damit Google die scannen kann. Ich will, dass die durchsuchbar werden.“
Und genau das haben wir dann gemacht. Er hat mich von ganz allein in Richtung Google getrieben.
Und dann kamen auch die ersten Google Ads auf, die ich dann gemacht habe.
Deshalb teilt Experte Stephan Sperling sein Online Marketing Wissen kostenlos
OME: In vielen Interviews habe ich schon gehört „Als Online Marketing Experte muss man Wissen kostenlos freigeben, Menschen helfen und Bedürfnissen befriedigen, dann kommen das Geld und der Umsatz automatisch vielfach zurück.“ Kannst du das so unterschreiben?
STEPHAN SPERLING: Ja, das funktioniert bei uns auf der Webseite über unseren Blog. Der ist im Augenblick ein bisschen eingeschlafen, aber wir haben viele Jahre sehr intensiv Inhalte und Wissen geteilt.
Auch das fanden nicht alle gut: „Das sind doch Betriebsgeheimnisse von der Agentur, du kannst doch nicht auf die Webseite schreiben wie das funktioniert.“
Wir so: „Doch, das machen wir.“
Wir schreiben das auf die Webseite. Wenn der Kunde, der sich das selbst anliest, am Ende keine Online Marketing Agentur braucht – Glückwunsch.
Aber für die meisten transportiert das nur: „Die sind Experten im Online Marketing. Die wissen, wovon sie sprechen. Da rufe ich jetzt mal an.“
Und das hat über Jahre hervorragend funktioniert und es funktioniert auch bis heute noch.
OME: War der Blog ein gutes, gewinnbringendes Kontaktmedium für euch?
STEPHAN SPERLING: Ja, definitiv. Wir haben eine Zeit lang sehr intensiv und umfangreich gebloggt und tiefgreifende, umfassende Expertenartikel veröffentlicht.
Mir hat es auch eine Zeit lang sehr viel Spaß gemacht. Ich habe zwei Artikel geschrieben.
Ich arbeite jetzt ja schon seit ein paar Jahren mit Chromebooks, da habe ich einen Artikel über „Alles, was Sie über Chromebooks wissen müssen“ geschrieben. Der ist lange an erster Stelle gerankt, wenn du in Deutschland nach Chromebooks gesucht hast.
Der zweite Artikel, der auch ewig ganz oben war, war die Google My Business Hilfe. Der ist heute hoffnungslos veraltet, ich muss den mal wieder überarbeiten.
Da sind auch hundert Kommentare drunter, weil da viele lange völlig aufgeschmissen waren und der Google Support und die Google Hilfe grottenschlecht waren.
Inzwischen haben sie das zum Glück geändert und ich kriege jetzt nicht mehr so viele Anrufe von Leuten, die denken, sie rufen gerade bei Google an.
Da gab es Zeiten, da haben drei bis vier Leute am Tag angerufen und Fragen gestellt, weil sie dachten, sie rufen gerade bei der Google My Business Hotline an. Das war echt krass.
Der Artikel hat schon viel Aufmerksamkeit erzeugt.
Aber ein Artikel ist ja immer nur ein kleiner Ausschnitt. Nur weil du Verweise, Ausschlüsse in Google Analytics und einen umfangreichen Artikel dazu gelesen hast, bist du ja noch lange kein Google Analytics Experte.
Und deswegen war das für uns immer eine gute Lead Generierung. Menschen haben gesagt: „Ja, ich habe euch gefunden und was über euch gelesen – könnt ihr mir da auch noch weiter helfen?“
Das hat gut funktioniert.
Bei den Netzstrategen haben wir eigentlich die Themen schon immer parallel gespielt. Wir haben schon immer gesagt: „Du musst Google Ads machen und du musst SEO machen.“
Social Media hat sich dann im Laufe der Zeit ein bisschen geändert – je nachdem, welche Plattform gerade mehr gehyped wurde – aber so richtige Phasen kann ich da eigentlich nicht feststellen.
So sind die Online Marketing Kunden des Experten
OME: Wie sieht euer Traumkunde aus? Von wo muss er kommen, wie muss er von euch betreut werden und wohin muss er gehen wollen, damit ihr wirklich sagt: „Den brauchen wir als Kunden“?
STEPHAN SPERLING: Wir orientieren uns im Augenblick sehr stark am Mittelstand.
Auch hier in Baden Württemberg gibt es viele große, spannende Firmen, die Marktführer in ihren Bereichen sind, die aber kein Mensch kennt, die aber auch das Thema „Digitalisierung“ haben.
Das sind die, die uns am meisten Spaß machen, weil wir dort alle Disziplinen, die wir anbieten, auch anwenden können.
Das fängt mit der Analyse an und geht weiter bei der Strategieberatung, der Umsetzung und beim Thema Online Marketing.
Das sind unsere Traumkunden und in der Liga haben wir auch einige. Das Schöne ist, dass die uns auch voll auslasten.
Da brauchst du gar nicht so viele, sondern kannst mit fünf bis sechs von dieser Art Kunde, die Firma schon am Laufen halten und schwer beschäftigen.
Wir arbeiten weniger kleinteilig, sondern konzentrieren uns auf größere Projekte mit Kunden, die eine Vision, aber auch das Budget dazu haben.
Obwohl ich auch immer sage: „Es muss nicht immer unendlich teuer sein. Du kannst auch mit relativ einfachen Mitteln viel erreichen.“
Wenn uns Menschen sympathisch sind, die aber kein großes Budget haben, versuchen wir, denen trotzdem zu helfen.
Da gibt es gewisse Einschränkungen, das wissen diese Kunden auch.
Wir können nicht immer sofort springen, wenn irgendwas ist, aber wir helfen gerne Startups dabei, auf die Beine zu kommen.
Meine Kundin Gabi ist eine Einzelhändlerin hier in Karlsruhe und übt sich in einer One Woman Show. Sie hat einen kleinen Laden in der Stadt, macht Feinkost für Events, Gin-Tasting und ähnliches.
Wir betreuen sie jetzt schon seit ein paar Jahren und das macht einfach unheimlich Spaß.
Sie hat ein sehr kleines Budget. Aber selbst da finde ich spannend, dass du zeigen kannst, dass du auch mit einem kleinen Budget etwas erreichen kannst.
Dass du jemanden wirklich weiterbringen kannst, auch wenn er nicht über 500.000€ Budget verfügt.
Klar, gerade was das Designen und Programmieren im Online Marketing betrifft, kann man viele aufwendige Sachen machen, aber du kannst auch mit ganz einfachen Mitteln schon relativ weit kommen.
Und das macht auch Spaß.

OME: Arbeitet ihr primär mit Kunden zusammen, die neben der Geschäftsführung Online Marketing Agenturen beschäftigen oder Marketing Abteilungen haben?
STEPHAN SPERLING: Ja. Nicht immer, aber oft.
OME: Die haben vermutlich zwischen 100 bis 1.000 Mitarbeiter, oder?
STEPHAN SPERLING: Ja, so in dem Rahmen ungefähr.
Begonnen haben wir mit Kunden, die bis zu 100 Mitarbeiter hatten, aber da haben wir uns von wegentwickelt. Wir sind mit der Zeit in die nächste Kategorie gerutscht.
OME: „Online Marketing Experte“ ist ja ein Begriff, mit dem sich viele schwer tun, weil sie sich nicht aufspielen wollen.
Wir von OnlineMarketingExperten denken aber, dass man sich mit 10 bis 15 Jahren Erfahrung im Online Marketing durchaus als Experte bezeichnen kann. Deshalb interessiert uns deine Einschätzung als Experte für Online Marketing:
Was glaubst du, wo geht die Reise in Deutschland im Hinblick auf Online Marketing und Digitalisierung hin? Was wird in zehn Jahren in Deutschland passieren? Wird es den iPhone Führerschein geben, werden die Schüler zukünftig noch mit Schulranzen in die Schule müssen und so?
Das macht einen Online Marketing Experten aus
STEPHAN SPERLING: Das wüsste ich gerne.
Noch ein Punkt zu dem Thema „Online Marketing Experte“.
Wir sagen immer: „Wer sagt, er sei Online Marketing Experte, der lügt.“
Das Online Marketing ist einfach viel zu weit gefasst und wir sagen, dass die Disziplinen, die sich darunter verbergen, viel zu komplex sind, um alle in einen Schädel zu passen.
Das ist so unsere Philosophie. Deswegen positionieren wir uns auch als Haufen von Experten.
Isa kann zum Beispiel Newsletter Marketing in die Tiefe und Anna ist Experte für SEO, aber Anna würde niemals behaupten, sie könne Newsletter Marketing oder umgekehrt.
Man hat vielleicht ein Basiswissen, aber das Expertentum sehen wir eher in den Teilbereichen.
Online Marketing an sich ist viel zu breit, um in einen Schädel zu passen. Du brauchst Experten für die einzelnen Unterdisziplinen. Erst dann sind es wirklich Experten.
Ich traue mir auch ein relativ breites Grundlagenwissen über alle Online Marketing Disziplinen zu, aber wenn es dann beispielsweise um LinkedIn Werbung geht, bin ich auch raus,
Dann sage ich auch: „Ja, das können wir machen. Hier ist Konstantin, unser Experte für das Thema, sprich‘ mal mit dem.“
Deshalb ist es bei uns ein Filterkriterium, wenn Leute sich bewerben und sagen, sie können alles. Dann sind sie bei uns eigentlich schon raus, weil wir dann genau wissen: Der kann nichts richtig.
Jede einzelne Disziplin im Online Marketing ist für sich einfach zu komplex, als dass man in allen davon ein Experte sein könnte.
Und dazu kommt noch eine extrem schnelle Wandlung der verschiedenen Online Marketing Themen.
Das sehe ich auch, wenn ich meine Google Ads Themen angucke. Du loggst dich ein und es gibt einen neuen Kampagnentypen, du sitzt im Workshop und es sieht alles anders aus als gestern.
Also weißt du, dass du immer am Ball bleiben musst, um Experte zu bleiben.
Um dein Wissen aktuell zu halten, musst du tief in den Themen drin sein und jeden Tag alles mitbekommen, um wirklich fit zu sein.
Daher nimmt Stephan Sperling sein Expertenwissen
OME: Wo sammelt denn der Online Marketing Experte Stephan Sperling sein Wissen? Wo baust du dein Wissen aus, welche Blogs findest du cool, welche Zeitschriften findest du cool, zu welchen Messen muss man auf jeden Fall gehen?
STEPHAN SPERLING: Das ist jetzt vielleicht ernüchternd, aber das alles interessiert mich relativ wenig.
Ich mache es jeden Tag mit eigenen Händen. Wenn ich beispielsweise sehe, da gibt es einen neuen Kampagnentyp in Google Ads, dann rufe ich im Zweifelsfall meinen Ansprechpartner bei Google.
Aber bei uns funktioniert wirklich viel durch ausprobieren und einfach machen.
Du brauchst aber auch Kunden, die das mitmachen und sagen: „Ein neuer Kampagnentyp? Mach!“ und nicht: „Warte erst mal ab, sammle mal Erfahrungen mit anderen.“
Du brauchst diese Kunden, die sagen: „Sofort machen.“
Früher habe ich viel mehr Blogs gelesen und war auf Veranstaltungen unterwegs, aber inzwischen bin ich hauptsächlich – was jetzt zum Beispiel die Google Themen betrifft – bei Google selbst unterwegs.
Die haben zum Glück auch ihre Dokumentationen und sind deutlich aufgebessert.
Ich pflege da einen sehr intensiven Austausch mit meinen Ansprechpartnern. Das sind Themen, die mich weiter bringen.
Die Ansprechpartner habe ich auch schon auf Veranstaltungen getroffen. In Düsseldorf war die letzte, bei der wir unsere Google Ansprechpartner, die eigentlich in Dublin sitzen, mal persönlich kennengelernt haben.
OME: Google bietet ja für gewisse Agenturen auch Unternehmensberatung an. Nehmt ihr das auch in Anspruch?
STEPHAN SPERLING: Nein, das blocke ich immer ab.
Der Google Vertriebsgedanke ist eindeutig: „Wie kann ich die Agentur dazu befähigen, noch mehr zu machen?“
Wenn du mich nach Online Marketing und Google Ads Trends fragst, wird es ein großes Thema sein, dass Google hart daran arbeitet, dass die Agentur mittelfristig überflüssig wird.
OME: Das werden sie nicht schaffen.
STEPHAN SPERLING: Ah, das weiß ich nicht. Wenn ich mir zum Beispiel die neuen Smart Shopping Kampagnen anschaue – das ist gigantisch. Da musst du nichts mehr machen.
Gerade bei den smarten Kampagnentypen, die sie jetzt einführen, hast du ja praktisch keinen Pflegeaufwand mehr. Das hast du in zehn Minuten eingerichtet, dann läuft das Ding.
Das Einzige, was du einstellen musst, ist der Zielreturn, den du für deine Investitionen haben willst.
Da kommen langsam die Themen „künstliche Intelligenz“ und Automatisierung im Online Marketing auf und das ist das erste Mal, seit ich in diesem Job bin, dass ich merke: „Hoppla, das funktioniert wirklich.“
Sie haben jetzt den Schlüssel gefunden, Automatisierung und künstliche Intelligenz so geschickt einzusetzen, dass du als Werbetreibender im eCommerce sagst: „Hier ist mein Produktinventar und das ist meine Erwartung, was ich an Umsatz für jeden investierten Euro zurück kriege.“
Bisher ist das hauptsächlich im eCommerce aktuell, aber das wird sich auf andere Bereiche noch ausweiten.
Und das krasse ist, dass die dieses Versprechen in den Konten und Kampagnen, die wir betreuen, wirklich vom ersten Tag an eingelöst haben.
Ich finde das nach wie vor unfassbar, weil das natürlich auch Googles Gelddrucklizenz noch mal vervielfacht.
Bei unseren Kunden ist es meistens ein 1:10 Verhältnis: Für jeden investierten Euro wollen sie mindestens zehn Euro Umsatz zurück haben.
Das stellst du ein und dann funktioniert das. Und dann ist es ja völlig egal, was du an Budget investierst, weil du garantiert einen Umsatz hinten raus kriegst.
Es ist krass, wie gut das funktioniert. Das Umsatzziel, das du von Google verlangst, wird teilweise sogar deutlich übererfüllt.
Und du musst nichts mehr einstellen. Früher bei Shopping habe ich tagelang Keywords ausgeschlossen. In den klassischen Shoppingkampagnen konntest du ja keine Keywords einschließen, sondern nur ausschließen.
Das gibt es alles nicht mehr. Es gibt einfach nichts zu tun, du kannst nichts einstellen in dieser Kampagne.
Du sagst nur, wie viel Umsatz du haben willst, und Google bringt dir den Umsatz.
Und dann hast du auch als Agentur nichts mehr zu tun. Du kannst es nicht mehr rechtfertigen, weil das alles die künstliche Intelligenz automatisierbar macht.
OME: Und Ähnliches könnten Facebook und Amazon natürlich auch machen.
STEPHAN SPERLING: Klar, logisch. Das werden die auch machen. In die Richtung wird noch ein Umbruch kommen.
Das versteht jeder Werbetreibende, wenn Google nur noch zum Unternehmer geht und sagt: „Sag mir, wie viel Umsatz du für jeden investierten Werbeeuro haben willst, und ich mache das.“
Das versteht auch einer, der jenseits der 30 ist.
Wenn Google es dann auch einlösen kann – und das scheint gut zu gelingen – dann hast du als Agentur im Google Ads Bereich nicht mehr ganz so viel zu tun.
Da wird es immer was zu tun geben, klar. Aber es wird sich schon ziemlich wandeln.
Zwischen Karlsruhe, Köln und Barcelona – So ist die Agentur des Online Marketing Experten strukturiert
OME: Ich habe als Geschäftsführer ganz wenige Online Marketing Tätigkeiten, die ich dem Kunden in Rechnung stellen kann. Wie ist das bei dir?
STEPHAN SPERLING: Wir versuchen, egal in welcher Position und Rolle wir sind, 60 Prozent verrechenbare Zeit zu produzieren, und im Schnitt kommen wir da so grob hin.
Es gibt natürlich Leute wie unser Geschäftsführer André, der viel unterwegs ist, aber auch viel in Projekten arbeitet, bei denen das einfach schwankt.
Neue Leute, die wir gerade onboarden, sind natürlich noch deutlich unter den 60 Prozent. Wir haben aber auch Leute, die geringen Reiseaufwand und Ähnliches haben und dann bei 80 bis 90 Prozent sind.
Auch unsere Designer, die zum Beispiel nicht so viel unterwegs sind, kommen deutlich höher. Im Schnitt auf 60% zu kommen, klappt ganz gut.
Es war ein hartes Stück Arbeit, jeden dafür zu sensibilisieren, die Zahlen zugänglich zu machen.
OME: Wie habt ihr das geschafft?
STEPHAN SPERLING: Wir sprechen einfach viel darüber.
Wir sind eine Firma, die viel über sich selbst nachdenkt. Wir machen zum Beispiel zweimal im Jahr einen zweitägigen Workshop mit allen zusammen. Immer Freitag und Samstag.
Wir haben drei Standorte: Köln, Barcelona und Karlsruhe Die Standorte wechseln wir bei den Workshops einfach immer durch. Einmal Barcelona, einmal Köln und einmal Karlsruhe.
In Barcelona ist es am schönsten. Da haben wir ein kleines Seminarhaus, in dem alle Platz haben, und sogar einen Pool.
OME: Kann man das als andere Agentur mieten?
STEPHAN SPERLING: Ja, das ist kein Thema. Es ist ein schönes, großes Haus, eine halbe Stunde außerhalb von Barcelona, geiles Grundstück. Mit 20 Leuten kannst du da gut übernachten.
Unseren Workshop machen wir zweimal im Jahr. Einmal im Frühling, einmal im Herbst.
Anschließend denken wir über uns selbst nach und überlegen: „Wo geht die Reise hin, was können wir besser machen?“
Zum Beispiel haben wir früher immer gesagt: „Wir wollen auf keinen Fall mehr als 20 Leute werden.“
Diese Grenze haben wir laufend verschoben.
Wir haben den Grundsatz, dass wir uns alle wohlfühlen müssen, und als wir 20 Leute waren, haben wir festgestellt: „Das fühlt sich eigentlich ganz gut an. Gucken wir mal, wie das mit 25 Leuten ist.“
Und so hat sich das einfach entwickelt. So etwas entscheiden und diskutieren wir gemeinsam während dieser Workshops.
Außerdem bearbeiten wir Strukturen und Prozesse. Wir überlegen uns, wie wir sicherstellen können, dass wir bei einem neuen Kunden die Fehler des letzten halben Jahres nicht wiederholen.
Was können wir ändern, wie können wir besser zusammenarbeiten?
Es sind auch sehr praktische Fragen, die in solchen Workshops diskutiert werden.
Alle bis hin zu neuen Kollegen lernen sich kennen und man geht abends ein paar Bier trinken.
Das ziehen wir jetzt auch schon seitdem es die Firma gibt, also seit sieben Jahren, durch. Der Workshop ist bisher kein einziges Mal ausgefallen. Und er macht auch echt Spaß.
OME: Lasst ihr euch auch von externen Personen beraten und schulen? Ihr seid in den letzten zehn Jahren wahnsinnig gewachsen und auch die Führung von Mitarbeitern hat sich weiterentwickelt. Wie habt ihr das gemanagt?
STEPHAN SPERLING: Führung in der Form gibt es bei uns eigentlich gar nicht.
Jeder ist eigenverantwortlich und jeder, der hier neu anfängt, kriegt einen Paten zur Seite gestellt, der das Onboarding im ersten halben Jahr begleitet.
Alles andere passiert in unseren wöchentlichen Meetings und in diesen Workshops, aber es gibt keine wirkliche „Führungsebenen“.

OME: Habt ihr eine Hierarchie oder habt ihr auch noch Abteilungsleiter?
STEPHAN SPERLING: Wir sehen uns als eine Hierarchie.
Es ist völlig egal, ob du mit einem Werkstudent oder mit der Geschäftsführung zu tun hast. Das ist der Anspruch, den wir von unseren Kunden einfordern.
Wir sagen: „Egal mit wem du zu tun hast, wenn wir etwas sagen, dann wissen wir, worüber wir reden. Da spielt es keine Rolle, ob es der Geschäftsführer oder der Student ist.“
Und so leben wir das tatsächlich auch. Klar, wir brauchen André als Geschäftsführer, wenn wir uns mal über ein Thema nicht einig werden, aber das passiert sehr selten.
Meistens diskutieren wir die Dinge.
Wir versuchen allerdings in Disziplinen zu denken. Wir haben Design, wir haben Entwicklung, wir haben Online Marketing und Beratung als Disziplinen und aus jeder Disziplin gibt es einen, der der Kopf ist.
Diese Person steht aber deswegen nicht über dem Team.
Wir haben zum Beispiel montags immer ein Koordinationsmeeting, zu dem aus jedem Team einer kommt. Da setzen wir uns zusammen und besprechen, was die Woche anliegt. Die Teilnehmer des Meetings gehen dann in ihre Teams und besprechen das in den Kreisen weiter.
Das ist, wenn du so willst, unsere Hierarchie oder unsere Struktur.
OME: Habt ihr Gleitzeit?
STEPHAN SPERLING: Wir haben eigentlich gar keine Zeit. Jeder kann arbeiten von wo er will und wie er will.
Wir sollten 40 Stunden die Woche arbeiten und im Schnitt auf 60% verrechenbare Zeit kommen.
Aber wenn du zum Beispiel Dienstag und Mittwoch auf ein Festival gehst, kannst du auch stattdessen Samstag und Sonntag arbeiten.
Es sei denn, an diesen beiden Tagen sind wichtige Meetings, die nicht verschiebbar wären.
Das Thema „Verantwortungsbewusstsein“ ist für uns ganz wichtig. Deine Kollegen und auch die Kunden müssen sich auf dich verlassen können.
Du musst das organisieren, aber wenn du es organisierst und das passt, dann kannst du arbeiten von wo du willst und wie du willst.
Wir sind ja auch ein sehr internationales Team. Ich weiß gar nicht, wie viele Nationalitäten das inzwischen sind.
Wenn zum Beispiel Luca, der eigentlich aus Italien kommt und im Büro in Barcelona arbeitet, sagt: „Ich bin im August in Italien, mache dort zwei Wochen Urlaub und arbeite zwei Wochen von Italien aus.“, dann macht er das so.
OME: Wie geht ihr mit dem Thema Großagenturen oder Aktiengesellschaften um?
STEPHAN SPERLING: Das lassen wir einfach sein. Solche Angebote kriegen wir auch, aber das interessiert uns nicht.
Wir wollen unabhängig bleiben, wir wollen unser eigenes Ding machen, wir wollen selbst bestimmen können, wie wir wachsen und wohin wir wachsen.
An der Firma, die wir vor den Netzstrategen hatten, waren Investoren beteiligt. Dabei haben wir sehr schnell gemerkt, dass wir auf gar keinen Fall mehr wollen, dass uns irgendwer reinredet und uns sagt, was wir zu tun und zu lassen haben.
Wir wollen das selbst machen. Das Thema „Unabhängigkeit“ ist das höchste Gut für uns und das wird es auch bleiben.
Online Marketing Experte Stephan Sperling privat
OME: Als Unternehmer benötigt man diese Machermentalität, was aber damit einhergehen kann, dass man Dinge von der Arbeit mit nachhause nimmt. Wie gehst du damit um?
Vielleicht kannst du gut abschalten, vielleicht gehst du joggen? Du siehst sehr sportlich aus.
STEPHAN SPERLING: Danke.
OME: Ist dieser Eindruck denn richtig?
STEPHAN SPERLING: Ich sage immer: „Ich bin ein fauler Sack, ich bewege mich nicht freiwillig.“
Ich habe aber den großen Vorteil, dass wir in dieser Firma Jobräder unterstützen.
Als ich vor anderthalb Jahren dann doch mit meiner Familie nach langer Suche sesshaft geworden bin – Häuser kaufen ist hier unten nicht so einfach – habe ich ein Haus gefunden, dass mit dem Fahrrad eine halbe Stunde außerhalb ist.
Ich bin in den anderthalb Jahren schon 6.000 Kilometer mit dem Fahrrad zwischen Büro und Zuhause hin und her gefahren.
Morgens eine halbe Stunde, abends eine halbe Stunde.
Ich muss dazu sagen, das Fahrrad ist ein Pedelec, es hat also einen Motor. Dafür fahre ich aber auch wirklich bei jedem Wetter, Sommer wie Winter.
Wenn dann der Wind oder Regen kräftig von vorne kommt, freust du dich, dass du den kleinen Motor hast. Dann ist es eigentlich besonders geil, weil du dann wirklich alleine unterwegs bist und richtig gut abschalten kannst.
Das ist mein Sport.
Ich hab auch noch das Glück, dass ich jeden Tag eine sehr schöne Strecke fahren darf. Du kriegst dann jeden Tag eine andere Beziehung zu der Jahreszeit, zu der Natur und wie sie sich verändert, weil du das jeden Tag hautnah miterlebst.
Ich fahre ein Stück durch das Moor und über Wald- und Wiesenwege. Das ist eine echt schöne Strecke.
Es ist ganz anders, als wenn du im Auto oder in der Bahn sitzt und rum fährst.
Und dann gibt es auch noch meine Kids. Die halten einen ja auch immer auf Trab.
OME: Wie alt bist du heute?
STEPHAN SPERLING: Ich bin 38, also Jahrgang 1980.
OME: Was würdest du sagen, welche drei bis vier Persönlichkeiten haben dich in deinem Leben extrem geprägt? Dein Vater, dein Lehrer, dein Chef in der Firma?
STEPHAN SPERLING: Der hat mich nicht extrem geprägt, er hat mich beeindruckt.
André hat mich immer sehr gefordert und gefördert. Das war echt cool, das hat Spaß gemacht.
Dann war da noch der Geschäftsführer damals bei Springer, Joachim Prieger.
Er hat eine gute Karriere bei Springer gemacht. Man hat gemerkt, dass er nicht nur Richtung Mitarbeiter erfolgreich war, sondern auch was das ganze Unternehmen betrifft.
Also die zwei haben mich auf jeden Fall sehr stark beeinflusst. Ansonsten bin ich zwar beeinflussbar, ich habe aber niemanden, der mich so sehr fasziniert.
OME: Okay. Hast du vielleicht Bücher gelesen, die man unbedingt gelesen haben muss?
STEPHAN SPERLING: Nein, auch nicht. Also zumindest keine, die mit meinem Lebensstil, meiner Einstellung oder meiner Arbeit zu tun hätte.
OME: Seid ihr eine Apple Agentur, eine Windows Agentur oder arbeitet ihr mit Linux?
STEPHAN SPERLING: Entscheide selbst, was du haben willst. Jeder kriegt das Gerät, das er haben möchte.
Experte Stephan Sperling zum Thema Online Marketing Konferenzen
OME: Das ist ja spannend.
Bist du auch Speaker? Nimmst du auch an Fachkonferenzen teil?
STEPHAN SPERLING: So etwas mache ich immer wieder mal, von klein bis groß.
Wir haben auch vor drei Jahren unsere eigene Konferenz hier in Karlsruhe gegründet, die „Hallo Digital“, die wir auch hier auf dem Gelände veranstalten.
Hier in der Nähe sind zwei Konzertbühnen, das Tollhaus und das Substage. Dort veranstalten wir einmal im Jahr, dieses Jahr war es das dritte Mal, eine zweitägige Konferenz.
Da war ich bis jetzt auch jedes Mal als Speaker mit auf der Bühne.
Und ansonsten bin ich bei diversen Veranstaltungen. Vor 14 Tagen stand ich zum Beispiel vor 100 Garten- und Landschaftsbauern und habe denen etwas über Personalsuche im Internet erzählt.
Wir machen hier in Karlsruhe viel mit der örtlichen IHK und organisieren unsere eigenen Seminare und Workshops über unsere Akademie.
OME: Wie kam der Name „Hallo Digital“ zustande?
STEPHAN SPERLING: Der kam über die Domain zustande. Wir haben festgestellt, dass hallo.digital noch frei ist, und sie dann sofort gesichert.
OME: Wie sieht es mit der Zusammenarbeit mit der Stadt aus?
STEPHAN SPERLING: Das kannst du vergessen.
Wir haben alles im Prinzip aus eigener Kraft komplett hingestellt. Wenn du die Veranstaltung das erste Mal machst, findest du auch keine Sponsoren.
Alle sagen erstmal: „Zeig‘ uns, was du kannst und dass Leute kommen.“
Jetzt im dritten Jahr war es schon deutlich einfacher, auch was Speaker betrifft. Wir haben Videos von der Veranstaltung, die du zeigen kannst.
Dann sehen Sponsoren und Speaker: „Das hat tatsächlich stattgefunden, da waren auch Menschen.“
Wir arbeiten noch sehr stark am Profil. Wir wollen noch stärker in Hand-Ons werden. Unsere Sessions sollen nicht nur Vorträge, sondern auch praktisch orientiert sein.
Als Ziel könnte man sich zum Beispiel die Erstellung der ersten eigenen Google Ads Kampagne oder eines Google Analytics Kontos vorstellen.
Wir wollen uns von den Konferenzen abheben, die es sonst so gibt, indem wir sehr praktisch werden. Mal gucken, wie das uns gelingt, aber die ersten Veranstaltungen haben schon Spaß gemacht.
Die ersten drei Jahre waren gut, aber Geld verdienen kannst du damit nicht. Zumindest nicht auf dem Niveau, auf dem wir das gerade machen.
Dieses Jahr war es das erste Mal, dass wir zumindest halbwegs auf eine Null kommen.
OME: Wie viele Leute waren ca. als Zuhörer dabei?
STEPHAN SPERLING: Das waren jeweils so an die 400 Leute in den letzten zwei Jahren.
Die Geschichte hinter den Standorten Barcelona und Köln
OME: Wie seid ihr damals auf Barcelona und Köln als Standorte gekommen?
STEPHAN SPERLING: Köln ist relativ simpel.
Der dritte im Bunde, der von Anfang an dabei war, ist Lars. Er kommt aus der Ecke von Köln und wollte einfach nicht nach Karlsruhe, sondern in Köln bleiben.
Er macht viel Consulting, ist also viel on the road. Von daher war es egal, ob er sich von Köln oder von Karlsruhe aus in den Zug setzt.
Köln bringt zusätzlich noch einen Standortvorteil. Deshalb saß er lange in Köln, wo wir uns in einer kleinen Bürogemeinschaft ein paar Plätze gemietet hatten.
Unser Standort in Köln ist jetzt erst gewachsen, weil wir neue Leute gefunden haben, die auch nicht nach Karlsruhe wollten, sondern Köln bevorzugen.
Dadurch haben wir bei den Netzstrategen jetzt drei bis vier Leute in Köln.
Zusätzlich haben wir seit anderthalb Jahren noch eine Tochter in Köln, die Marketingmonsters. Die sind eine reine Marketingagentur.
Wir hatten das Problem, dass viele Kunden zu uns gekommen sind, zu denen unser Modell nicht passte.
Die sagten: „Wir brauchen eine Agentur, können Sie uns eine empfehlen?“
Da hatten wir oft das Problem, dass wir keine Agentur empfehlen konnten, da die Guten alle voll waren. In ganz vielen Fällen haben wir Kunden eher abgeraten, anstatt Empfehlungen zu machen.
Das war unbefriedigend, deshalb haben wir beschlossen, selbst eine Agentur aufzubauen, die so arbeitet, wie wir uns das vorstellen, die unseren Qualitätsstandards entspricht und unseren Ansprüchen genügt.
Die haben wir dann nach Köln gesetzt, weil wir uns erhofft hatten, eher Leute zu finden, die nach Köln wollen, als nach Karlsruhe.
Und so ist unser Standort in Köln entstanden und gewachsen.
Barcelona kam dadurch zustande, dass Andrés Bruder lange dort gelebt hat und regelmäßig dort war.
Er ist ein umtriebiger Typ, der mit jedem quatscht, und hat sich da auch mit der Wirtschaftsförderung getroffen.
Barcelona ist heute im Prinzip unser Entwicklungsstandort. Dort sitzt ein Großteil unserer Programmierer.
Hier in Karlsruhe haben wir auch ein paar, aber uns war schnell klar, dass der Markt hier zu hart umkämpft ist. Gerade auf der Suche nach Entwicklern hast du auch in unserer Größe kaum eine Chance.
Deshalb haben wir spaßeshalber ein paar Anzeigen in spanischen Jobportalen geschaltet und direkt einen großen Berg Bewerbungen gekriegt.
Da war viel Schrott dabei, aber auch ein paar sehr gute Perlen. Die haben wir uns dann rausgefischt.
Inzwischen haben wir dort auch ein eigenes Büro und sind jetzt sieben bis acht Leute. Da sind vor kurzem erst drei oder vier neue Mitarbeiter hinzugekommen.
Der Standort in Barcelona ist also entstanden, weil wir hier festgestellt haben, dass man vielleicht ein bis zwei Bewerbungen von Entwicklern im Jahr bekommt – wenn man Glück hat.
OME: Und alle wollen sie 8.000€.
STEPHAN SPERLING: Ja, genau. Wobei das Geld nicht das Problem ist.
Wir haben ein einheitliches Vergütungsmodell, das kannst du auch auf unserer Website nachlesen. Und wir zahlen die Spanier nicht schlechter, als die deutschen Kollegen.
Das ist uns ganz wichtig.

OME: Ihr macht euer Vergütungsmodell auf der Webseite publik? So etwas habe ich noch nie gesehen.
STEPHAN SPERLING: Dann gibt es weniger Diskussionen. Im amerikanischen Raum sieht man das öfter.
Wir haben für uns gemeinsam ein Regelwerk entwickelt, nach dem sich die Gehälter bei uns berechnen.
Das wurde in einem unserer Strategieworkshops angestoßen und ist dann über mehrere Workshops entstanden.
Das ist nicht mal eben schnell nebenbei entstanden.
Viele sagen immer, Spanier wären billige Entwickler. Aber nein, die guten sind auch in Spanien nicht billig.
Dadurch, dass wir mit vielen Kunden über Jahre zusammenarbeiten, brauchen wir auch eine Kontinuität, gerade in den Entwicklungen.
Bei Entwicklern kommt es häufig vor, dass Entwickler B mit dem Code von Entwickler A nicht arbeiten will. Da ist es fatal, wenn du eine hohe Fluktuation hast und praktisch ständig neu anfangen musst.
Deshalb ist es uns wichtig, dass wir Leute haben, die langfristig mit uns glücklich sind und mit uns arbeiten wollen.
Das Schöne an Barcelona ist außerdem, dass die Stadt eine sehr hohe, internationale Anziehungskraft hat – anders als Hannover oder Karlsruhe.
Wir kriegen für das Büro in Barcelona auch viele Bewerbungen von Menschen, die noch nicht einmal in Spanien sind. Die möchten nach Barcelona ziehen und suche jetzt noch den passenden Job dazu.
Uns ist das egal, wir sind eh sehr international, was die Menschen hier betrifft. Von Weißrussland bis Laos ist alles dabei.
Von daher ist es egal, woher die Leute. Wenn sie halbwegs Englisch können, funktioniert das.
Diese Online Marketing Trends findet Experte Stephan Sperling besonders interessant
OME: Welchen aktuellen Online Marketing Trend findest du besonders spannend?
STEPHAN SPERLING: Das Thema „künstliche Intelligenz“ und „Automatisierung“ finde ich sehr interessant.
Ich habe das Gefühl, dass Google als Vorreiter gerade sehr stark daran arbeiten, das Thema „künstliche Intelligenz“ in ihre Produkte zu integrieren.
Amazon, Facebook und Co. werden da sicher folgen.
Google nennt seine Kampagnen jetzt schon „smart“ und genau das sind sie auch. Das bedeutet, dass du praktisch keinen manuellen Pflegeaufwand mehr hast, sondern die künstliche Intelligenz die Arbeit der Agentur erledigt.
Kampagnen werden vollautomatisch so optimiert, dass du für den investierten Werbeeuro einen vorher festgelegten, definierten Umsatz zurückbekommst.
Das wird das System umkrempeln, und zwar in verschiedener Art und Weise.
Die Agenturen, die heute klassisch bei Google Ads Keywordlisten pflegen, werden weniger zu tun haben, da das zum Großteil automatisiert laufen wird und nicht mehr per Hand gemacht werden muss.
Für Google ist das natürlich eine weitere Gelddruckmaschine, weil die Budgets keine Rolle mehr spielen, wenn ich den vorher definierten Umsatz zurückkriege.
Zumindest ist es bei unseren Händlern so, die wir betreuen.
Gerade im Bereich eCommerce kannst du genau durchmessen – bis zur Bestellung und zur Warenkorbgröße – und dann spielt das Marketingbudget keine Rolle mehr.
Dann wird so viel investiert, wie Google gerade braucht.
Wir haben Kunden, die tatsächlich sagen: „Gib‘ dem Google, so viel wie er will.“
Ich glaube, dass in dieser Hinsicht noch eine Menge passieren wird und schon jetzt einiges getestet wird. Google präsentiert häufig diverse Beta Tests.
Auch für den stationären Handel gibt es viele Möglichkeiten, die ich spannend finde. Ich dachte, das käme nie nach Deutschland, aber auch hier darf man endlich In-Store Visits messen.
So können auch kleine Unternehmen mit wenigen oder keinen Filialen die Conversion von einem Kunden messen, der mit einer Anzeige in Berührung kam und dann am Ende im Laden stand.
Messbar ist das schon länger, aber aufgrund der Datenschutzthematik war es lange nicht umsetzbar. In den USA gab es das schon länger.
Wir haben jetzt auch die ersten Konten, mit denen wir das nutzen. Unsere Händlerkunden sind ja auch nicht so riesig.
IKEA oder Media Markt haben das natürlich schon lange, weil die entsprechende Frequenzen in ihren Läden haben.
Aber es funktioniert mittlerweile auch bei den kleineren Händlern, bei denen nicht 5.000 Leute am Tag durch den Laden laufen. Zum Glück kann man jetzt langsam anfangen, auch dort zu messen.

OME: Wie siehst du aus Sicht der Unternehmensberatung Automatisierungsprozesse und die Digitalisierung bei den Kunden? Wie glaubt ihr, könnt ihr das vorantreiben?
STEPHAN SPERLING: Das Thema „Digitalisierung“ wird, da bin ich mir sicher, vor allem im Onlinehandel am Ende das Entscheidende sein.
Je krasser der Wettbewerb ist, desto geringer wird die Marge. Darauf muss man sich einstellen.
Wir haben mittlerweile in den Online Shops, die wir betreuen, einen Mitarbeiter, der nichts anderes macht, als Preise zu vergleichen und automatisiert anzupassen.
Wir nutzen dafür ein Tool, das „Price2Spy“ heißt. Das ist relativ wild, hat aber den großen Vorteil, dass du auch Shops vergleichen kannst, die keine semantisch korrekte Auszeichnung ihrer Preise umsetzen können.
Das wird manuell verdrahtet und wenn die im Shop einen Relaunch machen, muss man alles neu einstellen, aber du kommst auf diese Weise an Daten, die du bei Idealo oder Google Shopping nicht vorliegen hast.
Deswegen ist das Tool ganz spannend.
OME: Die Lebensmittelbranche ist da zum Beispiel knallhart drin. Die Möbelbranche noch nicht so, oder?
STEPHAN SPERLING: Wir sind auch im Bereich Möbel und Gartenmöbel unterwegs. Dabei konnten wir feststellen, dass die Gartenmöbelbranche zum Beispiel schon ziemlich hart ist.
Es ist nur eine Frage der Zeit, das ist ein Zeitstrahl. Am Ende läuft es immer auf das Gleiche hinaus.
Der Wettbewerb wird knallhart und am Ende kannst du nur verdienen, wenn du die richtigen Prozesse einsetzt.
Und wenn du am Ende etwas ausdrucken oder abtippen musst, dann hast du schon verloren. Dann ist es vorbei.
Wir haben den Vorteil, dass viele unserer Händlerkunden mit ihren Produkten im Premiumsegment unterwegs sind.
Aber wenn du deinen Markt ausweiten willst, musst du irgendwann an die Grenzen gehen und die Preise senken.
Wenn du allerdings in den günstigen Bereich gehst, ist der Wettbewerb noch viel härter. Dann muss die ganze Struktur einwandfrei laufen.
Idealerweise muss eine Bestellung dann durchlaufen ohne, dass irgendjemand auch nur einen Finger krumm macht. Nach der Bestellung im Online Shop, muss im Lager alles automatisiert laufen.
OME: Genau, sehr spannend.
Die Herausforderungen der Zukunft
Wo siehst du für dich persönlich in den nächsten fünf Jahren die größte Herausforderung? Was sind für dich die unternehmerischen Herausforderungen, auf die ihr als Agentur richtig Lust hättet?
STEPHAN SPERLING: Ich lebe in dieser Hinsicht sehr in den Tag hinein und lasse das auf mich zukommen.
Im Unternehmen wird eine Herausforderung sein, dass wir halt alle gemeinsam älter werden, da wir alle in einem ähnlichen Alters sind und keine hohe Fluktuation haben.
Da ist es wichtig, dass wir auch junges, frisches Blut bekommen, um dann auch neuere Themen zu behandeln.
Ich bin vor kurzem zum Beispiel bei Tik Tok eingestiegen, um mir das mal genauer anzuschauen.
Sarah, unsere Social Media Expertin, hat mal einen Vortrag über Tik Tok gehalten und uns das Programm erklärt.
Hochinteressant, sehr hoher Suchtfaktor. Mir macht es unheimlich viel Spaß.
Unsere Herausforderung ist, die jungen Themen nach wie vor aufzugreifen und uns davor nicht zu verschließen, auch wenn wir alle gemeinsam älter werden.
Wir müssen da am Ball bleiben, denn nur dann sind wir gute Berater für unsere Kunden.
Als ich den Vortrag vor den Garten- und Landschaftsbauern gehalten habe, hatte ich ein gutes Streitgespräch mit einer anderen Referentin, die Tik Tok verteufelt hat.
Sie sagte: „Völliger Schwachsinn. Das braucht kein Mensch.“
Und ich glaube auch, dass der allgemeine Garten- und Landschaftsbauer nicht unbedingt bei Tik Tok mitmachen muss.
Allerdings haben viele Garten- und Landschaftsbauer das Problem, dass sie keine Azubis finden. Die 12 bis 17 Jährigen sind gerade alle bei Tik Tok, deshalb habe ich Beispiele wie den Hashtag „Dachdecker“ gezeigt.
Dort gibt es von wenigen Firmen in Deutschland witzige Videos aus dem Dachdeckeralltag. Diese Videos sind mittlerweile wahrscheinlich bei 20 Mio. Aufrufen.
Die Leute sehen sich dort einfach nur an, wie ein Dachdecker mit einer Nagelmaschine Latten an das Dach nagelt.
Ich bin mir sicher, dass keine bisherige Kampagne der Dachdeckerinnung zum Recruiting von neuen Azubis so gut funktioniert wie das, was diese zwei bis drei Firmen bei Tik Tok auf die Beine stellen.
Ich glaube, das ist die Herausforderung. Gerade wenn man älter wird, sollte man das Neue nicht einfach abtun oder sich denken: „Dafür bin ich jetzt zu alt.“
Es ist auch eine Gefahr, dass man es gar nicht mehr mitkriegt. Man muss immer auf der Hut und immer aufgeschlossen sein.
Deshalb ist Teil unseres Prinzips, dass wir viele Sachen ausprobieren und wieder abschaffen, wenn sie nicht funktionieren.
Aufgeschlossen bleiben und, auch wenn man schon seit Jahren dabei ist, nicht in festgefahrene Rituale zu verfallen, sondern sich eine offene Einstellung zu bewahren – Das ist die Herausforderung.

OME: Wie plant ihr, Netzstrategen über deine Arbeitszeit hinaus auszubauen? Wie findet ihr neue Online Marketing Experten?
STEPHAN SPERLING: Historisch bedingt arbeiten wir mit dem dualen Studium. Das liegt daran, dass sowohl André und Lars als auch ich selbst eines gemacht haben.
Das funktioniert für uns ganz gut. Die Mitarbeiter studieren, arbeiten aber auch parallel. Dadurch kann man sich den Nachwuchs so heranziehen, wie man ihn braucht.
Über das Thema Ausbildung und Nachwuchs, sind wir damit sehr zufrieden.
OME: Müssen eure dualen Studenten im Vorfeld ein Praktikum oder ein Assessment Center machen? Wie gewinnt ihr die für euch?
STEPHAN SPERLING: Wir gewinnen unsere dualen Studenten, wie alle anderen Mitarbeiter auch. Wir haben da einen klaren Prozess.
Als erstes gibt es die Bewerbung. Wenn es passt, erfolgt ein erstes Kennenlernen, bei dem man sich einfach nochmal unterhält.
Wenn wir dann das Gefühl haben, dass es passen könnte, dürfen die Bewerber eine Probeaufgabe machen, die dann präsentiert wird.
Ist dabei alles gut gelaufen, gibt es einen Vertragsentwurf. Wenn der passt, wird die Person zum Mittagessen eingeladen.
Bei uns kochen jeden Montag zwei andere Mitarbeiter für die ganze Mannschaft. Montags ist unser Kochtag, aber auch unser Tag für interne Termine.
Wir versuchen, alle internen Termine auf den Montag zu bündeln, damit wir den Rest der Woche produktiv arbeiten können.
Das hat sich gut bewährt. So kannst du auch deine Reisen besser planen.
Wir arbeiten auch in den einzelnen Disziplinen sprintbasiert, in Wochensprints. Deshalb ist der Montag gut als Termintag geeignet.
Montags kochen zwei für alle, dann folgt mittags eine Videokonferenz mit allen drei Standorten, damit man sich zu Beginn der Woche sieht und kurz „Hallo“ sagen kann. Jeder erzählt, was gerade am jeweiligen Standort los ist.
Zu diesen Terminen kommen auch potenzielle neue Mitarbeiter und Studenten. Sie dürfen sich der Runde vorstellen und wenn die Runde danach sagt: „Ja, die Person darf kommen“, kommt es zur Zusage.
Wenn die Runde sagt: „Nein, ich würde mich unwohl fühlen, wenn die Person ab Montag jeden Tag kommt“, dann wird eine Absage erteilt.
Das ist unser Bewerbungsprozess. Dabei ist es egal, ob wir duale Studenten oder ganz normale Mitarbeiter suchen.
OME: Bist du der Experte für Prozesse bei euch?
STEPHAN SPERLING: Nein, überhaupt nicht. Ich bin eher schlecht, was Prozesse betrifft.
OME: Okay. Wie gut ist deine Zeiterfassung? Schaffst du es jeden Tag, die Zeiterfassung richtig zu machen?
STEPHAN SPERLING: Ja, das schon. Ich bin einer von vielen hier, die versuchen, ihre Zeiten in Echtzeit zu erfassen.
Das ist im Projetmanageralltag nicht ganz einfach. Ich habe meistens zehn bis fünfzehn Projekte parallel laufen. Da muss man viel umschalten.
Das ist bei den Designern oder den Entwicklern schon besser. Sie sitzen einen Tag an einer Aufgabe und buchen dementsprechend die Zeiten.
Aber ich kriege es trotzdem ganz gut hin.
OME: Dann kommen wir langsam zum Ende des Gespräches. Ich möchte mich herzlich für deine Offenheit bedanken. Vielen Dank für das Vertrauen.
Ich habe heute eine sehr spannende Persönlichkeit und eine beeindruckende Agentur kennengelernt. In zehn Jahren habt ihr eure Mitarbeiterzahl verdoppelt und mehrere Standorte aufgemacht.
Meine Abschlussfrage wäre deshalb: Wie empfindest du diese Erfolge?
STEPHAN SPERLING: Ich glaube, dass man sich nicht zu sehr mit anderen vergleichen darf. Man sollte mit dem zufrieden sein, was man selbst geschafft hat.
Wir vergleichen uns auch gar nicht mit anderen. Ich muss abends mit einem guten Gefühl auf mein Fahrrad steigen und denken: „Das hat wieder Spaß gemacht.“
Das ist das Entscheidende.
Und man muss auch davon leben können, das ist wichtig.
Du hast wahrscheinlich auch gespürt, worauf es bei uns ankommt. Wir haben Spaß und machen unsere Arbeit gerne.
Jeder von uns hat das Gefühl: „Ich bin Teil dieser Firma und die Firma ist Teil von mir.“